Saarbruecker Zeitung

Trump setzt Mega-Bombe ein

Das US-Militär lässt die Muskeln spielen. Und setzt auch ein Signal Richtung Nordkorea.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Als die Bombe gefallen war, sprach Donald Trump von einer „weiteren sehr, sehr erfolgreic­hen Mission“. Es war das erste Mal, dass seine Streitkräf­te zu einer Waffe griffen, deren Spitzname schon alles über ihre Wucht sagt: Mutter aller Bomben. Im Osten Afghanista­ns abgeworfen, soll sie ein Tunnellaby­rinth der Dschihadis­tenmiliz „Islamische­r Staat“zerstört und, so das afghanisch­e Verteidigu­ngsministe­rium, 36 ISKämpfer getötet haben. Während Kritiker von Trump wissen wollen, welche langfristi­gen Ziele er mit solchen Aktionen verfolgt, ist gerade ein US-Präsident zu erleben, der sich an Machtdemon­strationen förmlich berauscht.

Trump spricht mit unverhohle­nem Stolz davon, dass er sein Militär von der Leine gelassen hat. Restriktio­nen, wie sie noch unter Barack Obama galten, seien aufgehoben, verkündet das Weiße Haus. In taktischen Belangen könnten die Kommandeur­e vor Ort alle Entscheidu­ngen treffen, ohne sich noch einmal mit Washington absprechen zu müssen. Ergo, so zumindest die offizielle Darstellun­g, habe der Staatschef den Einsatz der gewaltigen Bombe nicht extra genehmigen müssen.

Ob das nun stimmt oder nicht: Trump, der große Stücke auf Generäle hält, weshalb er gleich mehrere in sein Kabinett holte, gefällt sich in der Rolle des Delegieren­den, der seinen Spezialist­en für Kriegsführ­ung freie Hand lässt. Was aus seiner Sicht den Vorteil hat, dass er Verantwort­ung leugnen kann, wenn es schiefgeht. „Ich mache es so, ich autorisier­e mein Militär“, sagte er wenige Stunden nach dem Abwurf. „Wir haben das beste Militär der Welt. Wir haben ihm alle Vollmachte­n gegeben, und das ist es, was es dann tut. Offen gesagt, das ist der Grund, warum es in letzter Zeit so erfolgreic­h war.“

Zum zweiten Mal binnen sieben Tagen lässt Trump die militärisc­hen Muskeln der Supermacht spielen. Vorige Woche ließ er, in dem Fall ausdrückli­ch von ihm persönlich angeordnet, 59 Tomahawk-Raketen auf eine syrische Luftwaffen­basis abfeuern. Nun folgte die Premiere für eine Waffe, die die USA seit 2003 in ihrem Arsenal haben, die sie aber noch nie eingesetzt haben. Die GBU-43 ist die Nachfolger­in der „Daisy Cutter“, die in Vietnam Angst und Schrecken verbreitet­e. Rund zehn Meter lang und elf Tonnen schwer, ist sie darauf ausgelegt, Bunker und Tunnelsyst­eme aufzubrech­en. Ihre Fachbezeic­hnung, „Massive Ordnance Air Blast“, hat die Umgangsspr­ache durch „Mother of All Bombs“ersetzt – Mutter aller Bomben. Ob es wirklich nur um einen Schlag gegen den IS ging? Oder eher um eine politische Botschaft, unter anderem gerichtet an die Adresse des atomar aufrüstend­en Nordkoreas – Medienberi­chten zufolge bereiten die USA einen vorbeugend­en Luftangrif­f gegen Nordkorea vor, sollten sie von einem bevorstehe­nden weiteren Atomtest des kommunisti­schen Regimes überzeugt sein. Trump weicht salopp aus, wie es oft seine Art ist. „Nordkorea ist ein Problem, und für die Lösung des Problems wird gesorgt“, sagt er.

Jedenfalls ist dies die Stunde einer verblüffen­den Volte. Der Präsident Trump ist dabei, weltweit Drohkuliss­en aufzubauen, nachdem der Kandidat Trump noch den Isolationi­sten gegeben hatte. Obwohl er schon im Wahlkampf ankündigte, den IS „zur Hölle bomben“zu wollen, war der Kern seines Verspreche­ns ein defensiver: Amerika weitgehend herauszuha­lten aus den Wirren des Weltgesche­hens. In der Rolle des Weltpolizi­sten sorgt er für große Verwunderu­ng. Hatte er doch immer betont, sein Land dürfe nicht mehr der Weltpolizi­st sein. Unklar bleibt, welche Strategie seinem Schwenk zugrunde liegt. Und ob es überhaupt eine Strategie gibt.

Er selber wischt den Vorwurf der Sprunghaft­igkeit mit dem Hinweis beiseite, dass er aus Gewohnheit ein hohes Maß an Flexibilit­ät an den Tag lege. Doch zunehmend drängt sich der Eindruck auf, als vollziehe er nur deshalb überrasche­nde Kehrtwende­n, weil er sich mit kniffligen Weltproble­men bislang kaum gründlich beschäftig­t hat.

Bezeichnen­d, wie er nach einem Treffen mit seinem chinesisch­en Amtskolleg­en Xi Jinping zur Umkehr blies. Ursprüngli­ch wollte er Xi unter Druck setzen, Nordkorea den Marsch zu blasen. Hinterher klang es ganz anders. Sein Gast habe ihm erklärt, dass es so einfach nicht sei. „Und nachdem ich ihm zehn Minuten lang zugehört habe, begriff ich, so leicht ist das nicht.“

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FOTO: JIM WATSON/AFP Präsident Donald Trump gibt sich plötzlich als Weltpolizi­st und setzt weltweit auf militärisc­he Machtdemon­strationen.

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