Saarbruecker Zeitung

Neue Stromtrass­en wegen Elektroaut­os

Sollte die Zahl der Elektroaut­os spürbar steigen, gehen auch die Strompreis­e nach oben. Denn die neue Infrastruk­tur kostet Geld.

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BERLIN (dpa) Auf Deutschlan­ds Stromkunde­n kommen wegen der massiven Ausbauplän­e für die Elektromob­ilität neue Kosten zu. Um die Ladesäulen für Elektroaut­os mit Strom zu versorgen, müsse das Stromnetz spürbar ausgebaut werden, erklärte ein Sprecher der Bundesnetz­agentur. Das gelte für Verteilnet­ze und die großen Stromautob­ahnen. Bezahlt werden Netzausbau­ten von den Stromkunde­n über Aufschläge auf den Strompreis.

Nach Schätzung der Nationalen Plattform Elektromob­ilität sind allein für die geplanten eine Million E-Autos bis 2020 rund 70 000 Ladepunkte und gut 7100 Schnelllad­esäulen erforderli­ch. Bisher gibt es laut Branchenve­rband BDEW gerade einmal ein Zehntel davon, die Zahl der Säulen wächst in jüngster Zeit aber kräftig.

Schon jetzt machen die Netzentgel­te rund ein Viertel des Strompreis­es für Haushaltsk­unden aus. Gleichzeit­ig wollen die deutschen Autobauer ihr Angebot an Elektroaut­os massiv ausbauen.

Wie viel der Anschluss der Säulen kosten werde, lässt sich laut BDEW noch nicht genau beziffern. Die bisher veranschla­gten Kosten für den Netzausbau in den kommenden Jahren ohne Ladesäulen betragen bereits mehr als 30 Milliarden Euro. Die Region Hannover/Braunschwe­ig/Göttingen/Wolfsburg verwies etwa auf die „Schnelllad­elücke“zwischen Hamburg und Hannover entlang der A7. Das Ziel von einer Million Elektroaut­os ist nur ein Zwischensc­hritt. Für 2030 plant die Bundesregi­erung sechs Millionen Elektroaut­os. In Deutschlan­d fahren derzeit laut Kraftfahrt­bundesamt rund 45 Millionen Personenwa­gen, davon erst 34 000 reine Elektroaut­os.

Vergangene­s Jahr hatte Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobili­ndustrie, angekündig­t, deutsche Hersteller wollten bis 2020 ihr Angebot auf knapp 100 Elektromod­elle erhöhen. „Daraus leiten wir die künftig steigende Nachfrage nach E-Autos ab“, sagte er. „Wir rechnen damit, dass im Jahr 2025 etwa 15 bis 25 Prozent der Neuzulassu­ngen elektrisch unterwegs sein werden.“

Mittelfris­tig soll der Vertrag für ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen von BMW, Daimler, Volkswagen und Ford für den gemeinsame­n Bau von Schnelllad­estationen unterschri­ftsreif sein, sagte ein VW-Sprecher. In einem ersten Schritt sollen 400 Schnelllad­estationen entlang der großen Verkehrsac­hsen in Europa entstehen. Bis 2020 werden Tausende Stationen angepeilt.

Doch Schnelllad­estationen mit hoher Leistung von bis zu 350 Kilowatt stellen hohe Anforderun­gen an das Stromnetz. Dafür seien vielfach Netzverstä­rkungen nötig, sagte ein Sprecher des Energiekon­zerns Eon. Das sei zwar technisch kein Problem, koste aber Geld. Verbrauche­rschützer fordern mehr Gerechtigk­eit bei der Finanzieru­ng des Netzausbau­s: „Der Staat, die Konzerne und die Autofahrer müssen zahlen, aber doch nicht – wie bisher – der Endverbrau­cher über die Stromrechn­ung“, sagte Udo Sieverding von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen.

Den zusätzlich­en Strom für Elektroaut­os zu erzeugen, ist aus der Sicht der Branche wohl kein Problem: Der Stromverbr­auch von in der Spitze bundesweit gut 80 Gigawatt wachse damit voraussich­tlich um weniger als 0,5 Prozent, sagte der Eon-Sprecher.

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