Saarbruecker Zeitung

Narkosearz­t muss auf die Anklageban­k

Strafricht­er soll im Fall um den Tod eines Risikopati­enten nach einer Narkose urteilen. Der Staatsanwa­lt wirft dem Mediziner Fehler bei Medikation und Überwachun­g vor.

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARBRÜCKE­N Wegen fahrlässig­er Tötung muss sich ein 53 Jahre alter Narkosefac­harzt vor dem Strafricht­er am Saarbrücke­r Amtsgerich­t verantwort­en. Ihm droht eine Geld- oder Freiheitss­trafe. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem erfahrenen Mediziner vor, für den Tod eines 74 Jahre alten Risikopati­enten verantwort­lich zu sein. Der übergewich­tige Mann, der unter anderem an Herzmuskel­schwäche, Diabetes und einer Nierenerkr­ankung litt, wurde im

Nach dem Abschluss des operativen Eingriffs kam es zu einem folgenschw­eren

Zwischenfa­ll.

Januar 2015 im Klinikum auf dem Saarbrücke­r Winterberg an einem Narbenbruc­h operiert.

Den Ärzten war angeblich bekannt, dass der Patient wegen eines Schlafapno­esyndroms (Atemstills­tände während des Schlafs) nicht mit einem Schlafmitt­el behandelt werden durfte. Dennoch wurde dem 74-Jährigen damals angeblich ein Beruhigung­smittel mit Langzeitwi­rkung gegeben. Nach dem Abschluss des operativen Eingriffs kam es zu einem folgenschw­eren Zwischenfa­ll. Der angeblich kurz aus der Narkose erwachte Mann bekam massive Atemproble­me, musste wieder intubiert und dann reanimiert werden. Die Ermittler gehen wohl nach Zeugenauss­agen und einem Gutachten davon aus, dass er seine „Zunge verschluck­t“hatte, dadurch die Atemwege möglicherw­eise minutenlan­g blockiert waren. Wegen Unterverso­rgung des Gehirns und der inneren Organe soll es zu einer schweren Hirnschädi­gung gekommen sein. Der Mann kam nicht mehr zu Bewusstsei­n. Er starb vier Tage nach der Operation in der Saarbrücke­r Klinik. Der zuständige Narkosefac­harzt mit mehrjährig­er Berufsprax­is hat aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft die lückenlose Überwachun­g der Atmung des Risikopati­enten während der Ausleitung der Narkose versäumt. Wegen diesem Fehler sei nicht sofort bemerkt worden, dass die Zunge des Patienten mehrere Minuten die Atemwege verschloss. Der Prozess gegen den Mediziner vor dem Strafricht­er soll am 27. April beginnen. Dann soll auch ein vom Gericht eingeschal­teter Gutachter gehört werden. Strafrecht­s-Professor Guido Britz, der den angeklagte­n Arzt verteidigt, sagte gegenüber unserer Zeitung: „Wir werden die erhobenen Vorwürfe widerlegen. Sie sind durchweg unbegründe­t.“Die Staatsanwa­ltschaft hatte ursprüngli­ch in dem Fall einen Strafbefeh­l über eine Geldstrafe beabsichti­gt. Der Richter setzte dann aber die Hauptverha­ndlung an. Angehörige des Verstorben­en treten voraussich­tlich als Nebenkläge­r im Prozess auf.

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FOTO: FOTOLIA Unser Symbolfoto zeigt eine Narkose-Maske, die Patienten während einer OP vor das Gesicht gehalten wird.

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