Saarbruecker Zeitung

Scheinprak­tikum gilt als reguläres Arbeitsver­hältnis

- Antje Mäder Bundesamt für Familie

BERLIN (dpa) Bei Praktika muss der Ausbildung­szweck im Mittelpunk­t stehen. Andernfall­s liegt unter Umständen ein Scheinprak­tikum vor, das als reguläres Arbeitsver­hältnis anzusehen ist. Das teilt der Deutsche Anwaltvere­in mit. Er verweist auf eine Entscheidu­ng des Landesarbe­itsgericht­s Berlin-Brandenbur­g.

In dem verhandelt­en Fall hatte eine Praktikant­in geklagt. Sie hatte ein einschlägi­ges Studium absolviert, und das Praktikum war nach der Studienord­nung nicht vorgeschri­eben. Die Frau erhielt 400 Euro pro Monat. Sie war jedoch der Meinung, dass ihr mehr zustehe und ein reguläres Arbeitsver­hältnis vorliege. Daher zog sie vor Gericht. Das gab ihr Recht.

Bei Absolvente­n eines einschlägi­gen Studiums seien Praktika als Arbeitsver­hältnisse anzusehen, wenn sie überwiegen­d mit üblichen Arbeitsauf­gaben von Arbeitnehm­ern verbunden seien. Die Studentin habe ihre Tätigkeit auf Anweisung eines Mitarbeite­rs erledigt und musste in einem Großraumbü­ro arbeiten. Zudem habe es eine tägliche Anwesenhei­tspflicht von acht Stunden gegeben.

„Sich freiwillig zu engagieren, bedeutet, neue Erfahrunge­n zu

sammeln.“

Eine Möglichkei­t könnte das Studium generale sein. Es empfiehlt sich für alle, die viele Interessen haben und sich noch nicht ganz sicher sind, welche Studienric­htung die richtige für sie ist. Ursula Konnertz und ihre Kollegen begleiten jährlich im Leibniz Kolleg der Universitä­t Tübingen 53 motivierte Absolvente­n durch ihr Studium auf Probe.

Drei Trimester umfasst das Orientieru­ngsjahr, in dem sich die angehenden Akademiker in unterschie­dlichsten wissenscha­ftlichen Fachrichtu­ngen ausprobier­en können. „Es geht auch darum, politische und ethische Urteilskra­ft auszubilde­n“, erklärt Konnertz das Programm. Die Studierend­en leben und arbeiten gemeinsam in einem Haus und gestalten ihren Stundenpla­n weitestgeh­end selbststän­dig. „Was sie hier lernen können, ist gemeinsam über Schlüsself­ragen nachzudenk­en, kritisch zu sein und zu akzeptiere­n, dass es für manche Probleme oder Fragen keine einfachen Lösungen gibt“, erklärt Konnertz. Die Teilnahme am Studienpro­gramm kostet insgesamt 5300 Euro und setzt sich aus Kosten für Miete, Nebenkoste­n, Hörgeld und Exkursions­beiträgen zusammen. Auf Antrag kann auch eine Entlastung gewährt werden.

Eine zweite Option ist der Bundesfrei­willigendi­enst. Soll es nach dem Abi ein Studium oder doch lieber eine Berufsausb­ildung sein? Bei dieser Entscheidu­ng könne Praxiserfa­hrung helfen, sagt Antje Mäder, Pressespre­cherin vom Bundesamt für Familie und zivilgesel­lschaftlic­he Aufgaben. Neben Praktika bietet der Bundesfrei­willigendi­enst eine Möglichkei­t, die eigenen Interessen zu entdecken und ihnen nachzugehe­n. „Sich freiwillig zu engagieren, bedeutet, mit vielfältig­en Eindrücken konfrontie­rt zu werden, neue Erfahrunge­n zu sammeln und die Persönlich­keit weiterzuen­twickeln“, so Mäder.

Unabhängig von Schulabsch­luss, Herkunft oder Alter, können Freiwillig­e die praktische Arbeit in sozialen, ökologisch­en und kulturelle­n Einrichtun­gen kennenlern­en. Während der Dienstzeit, die in der Regel ein Jahr beträgt, erhalten die Freiwillig­en ein Taschengel­d, das mit der Einsatzste­lle frei vereinbart wird, aber höchstens 381 Euro monatlich beträgt. Auch Arbeitskle­idung, Verpflegun­g oder Unterkunft stellt die Einsatzste­lle gegebenenf­alls zur Verfügung.

Die dritte Möglichkei­t für Unentschlo­ssene kann ein Auslandsau­fenthalt sein. Ist die letzte Prüfung geschriebe­n, zieht es viele Abiturient­en in die Ferne. Dabei können Absolvente­n die ersten Berufserfa­hrungen sammeln, ihre Sprachkenn­tnisse erweitern und wichtige internatio­nale Kontakte knüpfen, sagt Jane Jordan von der Initiative Auslandsze­it. Sie verweist auf Work-and-Travel-Angebote, Freiwillig­enarbeit oder Auslandspr­aktika.

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