Saarbruecker Zeitung

Facebook steht nach Mordvideo erneut in der Kritik

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SAN JOSE (dpa) Das schockiere­nde Facebook-Video, auf dem ein Mann einen Rentner erschießt, hat die Debatte um die Verantwort­ung des weltgrößte­n OnlineNetz­werks noch einmal zugespitzt. Der mutmaßlich­e Täter kündigte am Wochenende erst in einem Video einen Mord an, stellte dann zwei Minuten später bereits die gefilmte Tat online und bekannte sich kurz darauf in einem anderen Video dazu. Nach Angaben der US-Polizei hat sich der Mann am Dienstagvo­rmittag selbst getötet.

Der Fall deckt exemplaris­ch die Schwachste­llen des heutigen Umgangs mit solchen Videos bei Facebook auf. Das Netzwerk verlässt sich dabei zumeist auf Hinweise von Nutzern. Das Profil des mutmaßlich­en Täters wurde zwar 23 Minuten nach Eingang der Meldung des Mordvideos gesperrt, zu diesem Zeitpunkt war es jedoch bereits zwei Stunden lang online verfügbar. Und das, obwohl ein Hinweis auf den verstörend­en Livestream mit dem Geständnis ebenfalls rund zwei Stunden zuvor bei Facebook einging.

„Wir wissen, wir müssen besser werden“, resümierte der zuständige Facebook-Mitarbeite­r Justin Osofsky. Facebook beschäftig­e tausende Menschen rund um die Welt, die Millionen Facebook-Beiträge pro Woche prüften, betonte er. In Europa und vor allem auch in Deutschlan­d wächst der Druck auf die Betreiber von OnlinePlat­tformen, schneller und effektiver gegen Hass, Mobbing und Gewaltdars­tellungen auf ihren Seiten vorzugehen.

In der Diskussion kommt auch wieder die Frage auf, ob künstliche Intelligen­z geeignet ist, die Inhalte von Bilder und Videos effektiv zu erkennen. Facebook prüft von Nutzern hochgelade­ne Inhalte bisher gar nicht. Ausnahmen gibt es nur in einzelnen, besonders drastische­n Fällen, zum Beispiel wenn der Verdacht auf kinderporn­ografische Inhalte besteht. Ansonsten kommt Bilderkenn­ungs-Technologi­e erst zum Einsatz, wenn Fotos oder Videos bereits von den Nutzern gemeldet wurden.

Facebook erstellt seit Kurzem auch bei sogenannte­n „Racheporno­s“, also ohne Zustimmung geteilten intimen Bildern, eine Art digitalen Fingerabdr­uck, damit sie nicht weiterhin auf der Plattform geteilt werden können.

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