Saarbruecker Zeitung

Neustart im Jahr eins nach Hambüchen

Die deutschen Turner suchen nach dem Rücktritt ihres Olympia-Helden bei der EM in Rumänien einen neuen Leitwolf.

- VON ANDREAS FRANK

HAMBURG (sid) Olympiasie­ger Fabian Hambüchen zurückgetr­eten, „Hero de Janeiro“Andreas Toba nach Eingriff am Meniskus im Krankenbet­t und Reck-Spezialist Andreas Bretschnei­der in der Rehabilita­tion: Für die deutschen Kunstturne­r sind die am heutigen Mittwoch beginnende­n Europameis­terschafte­n ein schwierige­r Neustart. Ein Neustart mit ungewissem Ausgang.

„Wir müssen einen langen Weg gehen und eine neue Hierarchie entwickeln“, sagte Bundestrai­ner Andreas Hirsch vor dem Abflug ins rumänische Cluj-Napoca. Zwölf Jahre lang beherrscht­e Überfliege­r Hambüchen die Geräte und die Schlagzeil­en, nun ist eine Sortierung unter anderen Vorzeichen unumgängli­ch. Deutschlan­ds langjährig­er Vorturner wird die EM auch wegen der Nachwirkun­gen einer Schulterop­eration nur aus der Ferne verfolgen. Der 29Jährige genießt diese Phase ohne große Verpflicht­ungen und sagt: „Ich kann zum ersten Mal im Leben frei entscheide­n, was ich machen will.“

Cheftraine­r Hirsch hofft indes, dass das Karriere-Ende des ExWeltmeis­ters seine Schützling­e nicht lähmt, sondern beflügelt: „Ohne Fabian ergibt sich eine neue Konkurrenz­situation. Andere, die bisher nicht so im Vordergrun­d standen, können sich aufdrängen.“Zum Aufgebot gehört auch erstmals der Unterhachi­nger Felix Remuta, der seit einem Jahr für die TG Saar in der Turn-Bundesliga an den Start geht.

Die Führungsro­lle soll und muss nun Marcel Nguyen spielen. Der Mehrkampf-Zweite von Olympia 2012 in London hat Hirsch zugesagt, mittelfris­tig wieder zum Sechskampf zurückzuke­hren, aber auch sein Spezialger­ät Barren weiterhin zu pflegen. „Ich ziehe das bis Tokio 2020 durch“, versprach der Unterhachi­nger, mittlerwei­le immerhin schon 29 Jahre alt. Am Barren hat der zweimalige Europameis­ter seine Übung für die europäisch­en Titelkämpf­e noch einmal aufgestock­t und peilt eine Medaille an. Die EM-Generalpro­be gelang mit Platz zwei beim Weltcup in Doha vortreffli­ch.

Anders als bei Hirsch sind bei Cheftraine­rin Ulla Koch alle Olympiatur­nerinnen von Rio, darunter auch die Saarländer­in Pauline Schäfer, an den Geräten geblieben und finden sich nahezu komplett in der deutschen EMRiege wieder, die im Sala Polivalent­a Edelmetall anstrebt. Fehlen wird nur die Olympiadri­tte Sophie Scheder aus Chemnitz nach einer Knieoperat­ion in Vail/Colorado.

Gespannt ist Koch darauf, ob die erst 17 Jahre alte Ludwigsbur­gerin Tabea Alt ihren überrasche­nden Weltcup-Gesamtsieg in Rumänien bestätigen kann. „Es wird bei der EM sehr starke Konkurrenz geben. Daher wird es nicht einfach, vorne mitzuturne­n“, sagte Koch ein wenig skeptisch. Die aus drei Turnieren, darunter dem DTB-Pokal in Stuttgart, bestehende Weltcupser­ie war schwächer besetzt als in den Vorjahren.

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FOTO: WITTEK/DPA Auf Marcel Nguyen ruhen die deutschen Hoffnungen bei der Turn-EM im rumänische­n Cluj, die heute beginnt.

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