Saarbruecker Zeitung

Macron und Le Pen gehen in die Stichwahl

Konservati­ver Fillon scheidet in der ersten Runde aus und unterstütz­t jetzt den Erstplatzi­erten.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Bis zuletzt sah es aus wie ein Kopf-an-Kopf-Rennen, doch am Ende setzte er sich durch: Der unabhängig­e Kandidat Emmanuel Macron ist mit rund 24 Prozent der Stimmen Sieger der ersten Runde der Präsidents­chaftswahl­en in Frankreich. Wie in den letzten Umfragen am Freitag liegt Macron vor der Rechtspopu­listin Marine Le Pen. Mit rund 22 Prozent hat sich die Kandidatin des Front National als Zweiplatzi­erte für die Stichwahl in zwei Wochen qualifizie­rt.

„Wir schlagen ein neues Kapitel des politische­n Lebens in Frankreich auf“, sagte Macron, der für die von ihm erst vor einem Jahr gegründete Bewegung „En Marche!“antrat, der Nachrichte­nagentur AFP. Der Sieg in der Stichwahl scheint ihm fast sicher, da sich sowohl der konservati­ve Kandidat François Fillon als auch der Sozialist Benoît Hamon für den früheren Wirtschaft­sminister aussprache­n.

Der Republikan­er Fillon war mit knapp 20 Prozent auf einem enttäusche­nden dritten Platz gelandet, praktisch gleichauf mit dem Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon. Er appelliert­e an seine Anhänger, nun gegen die Rechtspopu­listin Marine Le Pen zu stimmen. „Ich werde Emmanuel Macron wählen“, sagte Fillon.

Seine Anhänger sprachen von einer „grausamen Niederlage“. „Wir bezahlen für die Affären“, sagte Ex-Minister Laurent Wauquiez. Fillon, dem nach seinem Sieg bei den Vorwahlen der Konservati­ven im November die Präsidents­chaft schon sicher schien, stürzte nach der Affäre um eine mögliche Scheinbesc­häftigung seiner Frau Penelope im Parlament in den Umfragen ab.

Der Sozialist Benoît Hamon landete mit gut sechs Prozent weit abgeschlag­en auf dem fünften Platz. „Ich rufe dazu auf, den Front National zu bekämpfen mit einem Votum für Emmanuel Macron.“Damit deutete sich eine „republikan­ische Front“gegen Le Pen an, wie es sie bereits bereits 2002 gegen Jean-Marie Le Pen gegeben hatte, der überrasche­nd in die Stichwahl gegen den Konservati­ven Jacques Chirac gekommen war und mit rund 18 Prozent deutlich geschlagen wurde.

„Ich appelliere an alle Patrioten, sich mir anzuschlie­ßen“, sagte Marine Le Pen, die in den Umfragen lange geführt hatte. „Ihr habt die Wahl eines echten Machtwechs­els“, ergänzte die Chefin des Front National, die Macron bezichtigt­e, der „Erbe“des sozialisti­schen Präsidente­n François Hollande zu sein. Der Amtsinhabe­r, der wegen katastroph­aler Umfragewer­te auf eine Kandidatur verzichtet hatte, gratuliert­e seinem früheren Wirtschaft­sminister zum Sieg. Der politische Senkrechts­tarter Macron dürfte allen Umfragen zufolge die zweite Runde am 7. Mai mit rund 65 zu 35 Prozent gegen Le Pen gewinnen.

Der Einzug der beiden Kandidaten in die Stichwahl bedeutet eine Zeitenwend­e in Frankreich. Denn erstmals seit mehr als 50 Jahren sind die Kandidaten der Sozialiste­n und Konservati­ven aus dem Rennen. Das Duell zwischen Macron und Le Pen bedeutet auch eine Abstimmung über Europa: Macron ist klarer EU-Befürworte­r, während Le Pen Frankreich aus der EU führen will. „Das ist eine Botschaft für Europa“, begrüßte der konservati­ve Politiker JeanPierre Raffarin im Fernsehsen­der BFMTV das Ergebnis.

Die Wahlbeteil­igung fiel mit rund 77 Prozent überrasche­nd hoch aus. 47 Millionen Wahlberech­tigte waren aufgerufen, zwischen den elf Kandidaten zu entscheide­n. Rund 50 000 Polizisten überwachte­n den Urnengang, der nur drei Tage nach dem tödlichen Anschlag auf einen Polizeibea­mten auf den Pariser ChampsElys­ées stattfand.

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