Die große Welt in kleinen Bildern
Mit 176 Emojis fing es an, inzwischen gibt es weit mehr als 2000 der bunten Symbole, die in der Online-Kommunikation einen Gefühlszustand ausdrücken sollen. Doch mit der Auswahl sind Internetnutzer noch immer nicht zufrieden.
MAINZ (dpa) Mit Emojis können Internet-Nutzer heute in ihren Texten zwischen den Zeilen all das ausdrücken, was sich nicht direkt in Worte fassen lässt. Die abstrakten Minigrafiken gibt es in allen Farben und Formen für alle Gefühlszustände. Und doch genügt vielen Internet-Nutzern diese Auswahl immer noch nicht. Es gibt zum Beispiel keine personalisierten Emojis: Das eigene Gesicht oder das eines Promis lässt sich nicht in ein solches Piktogramm verwandeln.
Emojis und ihre Nutzer beschäftigen inzwischen sogar die Wissenschaft. Anatol Stefanowitsch forscht an der Freien Universität Berlin zu den kleinen bunten Bildern und wie Menschen sie in sprachlichen Nachrichten verwenden. Stefanowitsch ist zwar Sprachwissenschaftler, ihn beschäftigen jedoch auch kulturelle Fragen.
Genau 2623 Emojis können derzeit auf den diversen Plattformen der sozialen Medien genutzt werden, wie das Unicode-Konsortium auf seiner Homepage auflistet. Die Vereinigung mit Sitz in den USA erstellt Richtlinien für moderne Software – unter anderem auch für Emojis. Wer möchte, kann Unicode eigene Symbole vorschlagen. Wichtig dabei sind die Begründung und die grafische Eindeutigkeit – und Geduld. Bis zur Umsetzung kann es Jahre dauern. Stetig bekommen die Experten neue Wünsche auf den Tisch und müssen entscheiden: Wird dieses Bildchen ins Programm aufgenommen?
Längst geht es dabei um mehr als Farben und Formen: In der neuen Unicode-Version soll es beispielsweise auch einen Emoji mit Kopftuch geben. Dafür sorgte nicht zuletzt die 15-jährige Berliner Schülerin Rayouf Alhumedhi: Mit internationalen Unterstützern hat sie im vergangenen September einen Vorschlag an das Konsortium in den USA geschickt.
Emojis mit Kreuz um den Hals oder Kippa auf dem Kopf – das werde erst der Anfang sein, prognostiziert Stefanowitsch. Weil das Konsortium nun Wünsche einzelner Bevölkerungsgruppen berücksichtige, werde es immer mehr derartige Eingaben erhalten. Das sei keinesfalls als Kritik gemeint: Es zeige, dass Emojis, gerade für die Generation jener Nutzer, die mit dem Internet aufgewachsen sind, wichtig sind. Für viele Internet-Nutzer sind diese mehr als nur Symbole, die eine Stimmung oder Tätigkeit darstellen: Menschen wollen sich darin wiedererkennen.
Aber wie weit kann das gehen? Bei den Hautfarben ist es noch einigermaßen übersichtlich. Doch was ist mit Gesichtern, Augenformen, Haarfarben?
In Schottland gab es sogar eine Petition mit insgesamt 200 000 Unterschriften. Bereits seit 2015 forderte sie: Unicode benötige auch rothaarige Emojis. Und diese könnten im nächsten Jahr tatsächlich erscheinen, beim Konsortium wurde bereits Anfang des Jahres darüber diskutiert.
Schrift allein genügt den Ansprüchen digitaler Kommunikation offenbar schon lange nicht mehr. Zu diesem Urteil kam auch die britsche Wörterbuch-Institution Oxford Dictionaries. Deren Präsident, Casper Grathwohl, erklärte 2015: Das klassische Alphabet könne kaum mehr die Bedürfnisse der heutigen Kommunikation erfüllen. Emojis seien flexibel, unmittelbar und transportierten Untertöne, so Grathwohl damals. „Sie überwinden linguistische Grenzen."
Je mehr Emojis es gibt, desto mehr Möglichkeiten haben Nutzer, sich mit den kleinen Grafiken lebhaft und treffend auszudrücken. Vor zwei Jahren hatten die Sprachexperten von der Insel einen Tränen lachenden Smiley zum Wort des Jahres gekürt – das emotionale Bildchen war den Experten Wort und Ausdruck genug.