Saarbruecker Zeitung

Vinyl-Platten sind nicht tot, sie waren immer da

Am weltweiten „Record Store Day“suchen Schallplat­ten-Liebhaber in Saarbrücke­n nach seltenen Veröffentl­ichungen.

- VON STEFAN BOHLANDER

SAARBRÜCKE­N Andreas During hält schwärmend die Schallplat­te „Secret Rarities“von Pink Floyd in die Höhe. Der 31-Jährige aus Heidelberg hat ein Leuchten in seinen Augen, als er von seiner Vorliebe für die britische Rockband erzählt und von seiner Liebe für Vinyl. Auf einem Flohmarkt kaufte er einst die Doppel-Langspielp­latte des Klassikers „The Wall“– aber erst eine Woche später den passenden Schallplat­tenspieler dazu. Die Liebe zu Langspielp­latten hat er wohl von seinem Vater geerbt. Seit etwa zwei Jahren geht er seiner Liebe zu den schwarzen Tonträgern nach. Mittlerwei­le habe er alles, was sein Vater auf CD besitzt, auf Schallplat­te.

Er wohnt in Heidelberg, kommt aber regelmäßig nach Saarbrücke­n: „Wenn ich hier bin, ist das Rex Rotari der erste Laden, in den ich gehe.“So also auch am Samstag, 22. April, an dem das Geschäft im Nauwieser Viertel am bundesweit­en „Record Store Day“teilnahm. An diesem Tag bieten unabhängig­e Plattenläd­en weltweit und zeitgleich ganz besonders hochwertig­e und seltene Musikveröf­fentlichun­gen und Spezialpre­ssungen an, die extra für diesen Tag hergestell­t wurden.

In der LP-Auswahl der speziellen Veröffentl­ichungen wurde During am diesem Tag zwar nicht fündig, jedoch ist er vom Sound der Schallplat­ten überzeugt. Er nehme zu Hause mit einem Schallplat­tenspieler die Musik ganz anders wahr: „CDs höre ich nur noch im Auto.“

Eine neue Schallplat­te koste etwa 20 Euro. LPs sind also ein nicht ganz günstiges Hobby. „Das ist schon viel Geld“, sagt Andreas Eid, einer der beiden Inhaber des Geschäftes. Trotzdem habe sich eine regelrecht­e Schlange an der Eingangstü­r gebildet, als der „Record Store Day“am Samstagmor­gen begann. „Bei den Sammlern ist die Aufregung groß“, sagt Eid. So sei eine Pressung von Pink Floyds „Interstell­ar Overdrive“aus dem Jahr 1967 in dieser Version zum ersten Mal beim Rekord Day dabei. Das sei natürlich eine Rarität anlässlich des Tages. Zu den SpezialPre­ssungen gehören beispielsw­eise eine Veröffentl­ichung des 80erJahre-Klassikers „Moments in Love“von The Art of Noise. Die Platte hat die Form eines Häschenkop­fes, der gerade eine Möhre verspeist.

Andere Platten sind pink, grün oder blau eingefärbt, mit einem Postermoti­v bedruckt wie der Soundtrack von „Blade Runner“, oder sie werden in weltweit limitierte­r Stückzahl herausgebr­acht. So bringt es eine Platte der Briten The Kinks, bevor sie sich so nannten, auf 1000 Stück. „Ausflug mit Razzia“von Olli Schulz und der Hund Marie ist auf 400 Stück begrenzt und galt lange Zeit als vergriffen.

Neben solchen Sammlerstü­cken gibt es jedoch auch einfache Neuveröffe­ntlichunge­n. Sinn und Zweck des „Record Store Days“sieht Hans Müller, einer der Inhaber von Humpty Records im Nauwieser Viertel, deswegen eher skeptisch. Denn wie oft benötigt man solche Nachpressu­ngen von LPs von Depeche Mode oder Pet Shop Boys eigentlich? Eine Unterstütz­ung von unabhängig­en Plattenläd­en sei der Spezial-Tag seiner Meinung nach nur bedingt. Die Besucher, die zum „Record Store Day“kommen, kämen auch tatsächlic­h in der Regel nur dieses eine Mal im Jahr. Zudem würden die Spezialpre­ssungen der großen Labels die Presswerke blockieren, so dass sich die Wartezeit für Auslieferu­ngen von kleineren Firmen bis auf ein halbes Jahr ziehen würde. So hält er den Tag vor allem für eine geschickte Marketing-Idee: „Das dient lediglich dazu, den Hype auszunutze­n.“Auch die Meinung, dass Schallplat­ten nach Einführung der CD tot seien, hält er für eine Erfindung der Werbeindus­trie: „Vinyl war immer da.“

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FOTOS: STEFAN BOHLANDER Hans Müller, Inhaber von Humpty Records im Nauwieser Viertel, sieht den „Record Day“eher skeptisch.

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