Saarbruecker Zeitung

Zwei Saarländer planen Ernährungs­rat

- VON SEBASTIAN ZENNER

SAARBRÜCKE­N/SULZBACH Ernährung ist in aller Munde. Zum einen tatsächlic­h, schließlic­h muss man Nahrung ja irgendwie zu sich nehmen. Zum anderen aber auch sinnbildli­ch. Noch nie haben sich so viele Menschen mit dem Thema beschäftig­t und Fragen gestellt wie: „Wo kommt mein Essen her?“„Ist es gesund?“„Wurde es nachhaltig produziert?“Dieses neue Bewusstsei­n bündelt sich in immer mehr Großstädte­n wie Köln, Hamburg oder Berlin in sogenannte­n Ernährungs­räten. Das sind Plattforme­n für den ernährungs­politische­n Austausch und zur Initiierun­g von Projekten. Philipp Jochum aus Sulzbach und Jérôme Lange aus Saarbrücke­n wollen einen solchen Ernährungs­rat im Saarland gründen. Um diese Möglichkei­t zu realisiere­n, veranstalt­en sie heute Montag, 24. April, um 19 Uhr im Saarbrücke­r Café de Paris, Blumenstra­ße 10, ein erstes Treffen für alle Interessen­ten.

„Für meine Master-Arbeit nahm ich an einer Konferenz des Netzwerks ‚Klimaherbs­t‘ teil. Dort gab es dann auch einen Vortrag zum Thema Ernährungs­räte. Die Idee hat mich fasziniert, und so habe ich Kontakt mit Udo Tremmel vom Ernährungs­rat in Berlin aufgenomme­n“, sagt der 32-jährige Philipp, der Anfang des Jahres sein Master-Studium der Lebensmitt­elwirtscha­ft abschloss.

„Ich interessie­re mich ebenfalls schon seit einigen Jahren für die Frage, wie wir unsere Lebensmitt­el produziere­n. Vor allem, seit ich zum ersten Mal Vater wurde. Die Lebensmitt­el-Skandale haben mich politisier­t“, sagt der 43-jährige Jurist Jérôme. Er nennt beispielha­ft die Fälle von Dioxin in Eiern oder Pferdeflei­sch in FertigLasa­gne sowie den zunehmende­n Pestizid- und Stickstoff­einsatz in der Landwirtsc­haft oder Antibiotik­a-Einsatz in der Tierzucht. Der Jurist machte sich schlau und sprach sich öffentlich für die Einrichtun­g eines Ernährungs­rates im Saarland aus. Udo Tremmel schaltete sich ein und brachte die beiden Saarländer, quasi von Berlin aus, zusammen.

Nun versuchen Jochum und Lange, verschiede­ne Akteure mit ernährungs­spezifisch­en Erfahrungs­werten an einen (Ess-)Tisch zu bekommen. Dazu zählen Erzeuger, Händler und Gastronome­n ebenso wie Umweltverb­ände, Kommunen oder Privatpers­onen. „Sie sollen gemeinsame Projekte planen, um das Ernährungs­system transparen­ter, gesünder, nachhaltig­er und sozial gerechter zu gestalten. Gerade die unterschie­dlichen Blickwinke­l machen das Ganze interessan­t“, beschreibt Jochum die Merkmale eines Ernährungs­rates, die er schon der Saarbrücke­r Oberbürger­meisterin Charlotte Britz in einer Bürgerspre­chstunde erklärte. Dafür habe er von ihr eine positive Rückmeldun­g erhalten.

Ein saarländis­cher Ernährungs­rat soll es Menschen ermögliche­n mitzubesti­mmen – trotz der großen Marktmacht weniger Konzerne. Damit für die Konsumente­n ersichtlic­h wird, was Supermärkt­e anbieten oder auf den Tellern in Kindertage­sstätten oder Grundschul­en landet. Jérôme Lange und Philipp Jochum nennen dies die Herstellun­g von „Ernährungs­souveränit­ät“, was die lokale Landwirtsc­haft stärken, die Umwelt schonen und für mehr Produktsic­herheit und Wissen bei den Verbrauche­rn sorgen könnte. ............................................. Weitere Informatio­nen

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