Zwei Saarländer planen Ernährungsrat
SAARBRÜCKEN/SULZBACH Ernährung ist in aller Munde. Zum einen tatsächlich, schließlich muss man Nahrung ja irgendwie zu sich nehmen. Zum anderen aber auch sinnbildlich. Noch nie haben sich so viele Menschen mit dem Thema beschäftigt und Fragen gestellt wie: „Wo kommt mein Essen her?“„Ist es gesund?“„Wurde es nachhaltig produziert?“Dieses neue Bewusstsein bündelt sich in immer mehr Großstädten wie Köln, Hamburg oder Berlin in sogenannten Ernährungsräten. Das sind Plattformen für den ernährungspolitischen Austausch und zur Initiierung von Projekten. Philipp Jochum aus Sulzbach und Jérôme Lange aus Saarbrücken wollen einen solchen Ernährungsrat im Saarland gründen. Um diese Möglichkeit zu realisieren, veranstalten sie heute Montag, 24. April, um 19 Uhr im Saarbrücker Café de Paris, Blumenstraße 10, ein erstes Treffen für alle Interessenten.
„Für meine Master-Arbeit nahm ich an einer Konferenz des Netzwerks ‚Klimaherbst‘ teil. Dort gab es dann auch einen Vortrag zum Thema Ernährungsräte. Die Idee hat mich fasziniert, und so habe ich Kontakt mit Udo Tremmel vom Ernährungsrat in Berlin aufgenommen“, sagt der 32-jährige Philipp, der Anfang des Jahres sein Master-Studium der Lebensmittelwirtschaft abschloss.
„Ich interessiere mich ebenfalls schon seit einigen Jahren für die Frage, wie wir unsere Lebensmittel produzieren. Vor allem, seit ich zum ersten Mal Vater wurde. Die Lebensmittel-Skandale haben mich politisiert“, sagt der 43-jährige Jurist Jérôme. Er nennt beispielhaft die Fälle von Dioxin in Eiern oder Pferdefleisch in FertigLasagne sowie den zunehmenden Pestizid- und Stickstoffeinsatz in der Landwirtschaft oder Antibiotika-Einsatz in der Tierzucht. Der Jurist machte sich schlau und sprach sich öffentlich für die Einrichtung eines Ernährungsrates im Saarland aus. Udo Tremmel schaltete sich ein und brachte die beiden Saarländer, quasi von Berlin aus, zusammen.
Nun versuchen Jochum und Lange, verschiedene Akteure mit ernährungsspezifischen Erfahrungswerten an einen (Ess-)Tisch zu bekommen. Dazu zählen Erzeuger, Händler und Gastronomen ebenso wie Umweltverbände, Kommunen oder Privatpersonen. „Sie sollen gemeinsame Projekte planen, um das Ernährungssystem transparenter, gesünder, nachhaltiger und sozial gerechter zu gestalten. Gerade die unterschiedlichen Blickwinkel machen das Ganze interessant“, beschreibt Jochum die Merkmale eines Ernährungsrates, die er schon der Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz in einer Bürgersprechstunde erklärte. Dafür habe er von ihr eine positive Rückmeldung erhalten.
Ein saarländischer Ernährungsrat soll es Menschen ermöglichen mitzubestimmen – trotz der großen Marktmacht weniger Konzerne. Damit für die Konsumenten ersichtlich wird, was Supermärkte anbieten oder auf den Tellern in Kindertagesstätten oder Grundschulen landet. Jérôme Lange und Philipp Jochum nennen dies die Herstellung von „Ernährungssouveränität“, was die lokale Landwirtschaft stärken, die Umwelt schonen und für mehr Produktsicherheit und Wissen bei den Verbrauchern sorgen könnte. ............................................. Weitere Informationen