Saarbruecker Zeitung

Turn-EM: Dauser feiert, bis der Flieger geht

Kunstturne­r sorgt mit Silber am Barren für eine der großen Überraschu­ngen. Die Saarländer­in Pauline Schäfer schafft mit Platz sechs am Boden ein versöhnlic­hes Finale.

- VON FRANK THOMAS

CLUJ-NAPOCA (dpa) Dieser Schrei nach seiner Übung kam einer Befreiung gleich: Lukas Dauser hat die Turnwelt überrascht und am Barren mit Silber seine erste Medaille bei Europameis­terschafte­n gewonnen. Im rumänische­n ClujNapoca entschied der Unterhachi­nger das deutsche Duell am Barren mit Marcel Nguyen am Sonntag klar zu seinen Gunsten. Dank perfekter Haltung kam der 23-Jährige auf 15,366 Punkte und steigerte sich nochmals gegenüber dem Vorkampf. „Heute Abend werde ich allen Jungs ein Bier ausgeben. Wir haben bis Montag, 14 Uhr, Zeit zum Feiern, erst da geht der Flieger“, meinte Dauser. Besser als er war nur der für die TG Saar turnende Olympiasie­ger Oleg Wernjajew aus der Ukraine (15,466 Zähler). „Dass ich so eine hohe Wertung bekomme, hat mich überrascht. Ich musste doch sehr kämpfen“, meinte Dauser. „Das ist der Moment, auf den ich seit 2013 hingearbei­tet habe.“

Marcel Nguyen, der mit einer Verletzung an der linken Innenhand ins Finale ging, leistete sich einige Haltungsfe­hler und kam nicht an seine Vorkampfle­istung heran. Mit 14,8 Punkten verpasste er als Sechster sein viertes Edelmetall in seiner Spezialdis­ziplin. „Gleich das erste Element kam nicht sicher. Da wusste ich: Die Übung ist gelaufen. Aber ich gönSchwebe­balken ne die Medaille keinem mehr als Lukas“, sagte der Olympia-Zweite.

Tags zuvor hatte sich Elisabeth Seitz mit ihrer ersten EM-Bronzeplak­ette am Stufenbarr­en für das in Rio so knapp verpasste Edelmetall entschädig­t. Obwohl sie eine Verbindung weglassen musste und bei der Landung ein Schrittche­n machte, reichte es für die Vorkampf-Beste in der mit 7000 Zuschauern voll besetzten Arena zu Platz drei. Den belegte sie gemeinsam mit Mehrkampf-Siegerin Elissa Downie aus Großbritan­nien. „Als Turnerin will man immer perfekt sein, deshalb war ich auch kurz enttäuscht. Aber jetzt bin ich überglückl­ich, dass es zu Bronze gereicht hat“, sagte die 23jährige Stuttgarte­rin, als sie die erste EM-Medaille für die Deut- schen an diesem Gerät seit sechs Jahren bekam. Der Sieg ging erstmals in der EM-Geschichte an Belgien, weil sich Nina Derwael nicht den kleinsten Fehler leistete.

Tabea Alt hingegen hatte Tränen in den Augen. Nach zwei Stürzen reichte es am Schwebebal­ken nur zu Rang neun. Zwei Tage zuvor hatte sie auf das Mehrkampff­inale wegen eines Magen-Darm-Infekts verzichten müssen und war um ihre realistisc­he Medaillenc­hance gekommen. Gleich in drei Endkämpfen stand Kim Bui, die am Sonntag im Boden-Finale nach fünften Rängen im Mehrkampf und am Barren nun Vierte wurde.

Die Saarländer­in Pauline Schäfer kam auf Rang sechs und verbuchte damit ein versöhnlic­hes Ende der EM. Vor allem am hatte sie sich mehr erhofft, doch dann verpasste sie an ihrem Paradegerä­t den Einzug ins Finale. „Den Balken habe ich verturnt“, haderte sie. Ausgerechn­et bei dem nach ihr benannten Schäfer-Salto musste sie absteigen. „Ich habe zu früh gedreht, und dann konnte ich nichts mehr retten.“Umso mehr freute sie sich über den Einzug ins Boden-Finale, wo sie als Vorkampf-Achte noch zwei Plätze gutmachte. „Ich bin froh, dass ich das erreicht habe. Das ist ein Trostpflas­ter“, sagte die Saarländer­in. Somit hatte Schäfer auch ihren Anteil an einer starken Teamleistu­ng der deutschen Riege: Insgesamt sieben Finalplätz­e hatte es für deutsche Turnerinne­n seit 1981 nicht mehr gegeben.

In Zukunft wird Pauline Schäfer auch wieder öfter in der Nähe ihrer Heimat zu sehen sein: Gemeinsam mit ihrer Schwester Helene und Sophie Scheder wechselt die mittlerwei­le in Chemnitz lebende Saarländer­in für die am 20. Mai beginnende Saison zur Kunstturn-Region Karlsruhe. Man habe sich auf eine Leihe für ein Jahr geeinigt, Trainingsm­ittelpunkt bleibe aber Chemnitz, sagte Karlsruhes Club-Chef Alexander Bachmayer. Schäfer freut sich: „Wir finden das eine tolle Idee, wenn die zwei Vereine ihre Kräfte bündeln. Jetzt wollen wir Stuttgart mal richtig Druck machen, damit sie nicht jedes Jahr Meister werden.“

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