Saarbruecker Zeitung

„Viele Passagiere schrien und weinten“

Bei einem Fährunglüc­k im Hafen von Las Palmas wurden mehrere Menschen verletzt. Außerdem strömten 60 000 Liter Diesel aus.

- VON RALPH SCHULZE

MADRID/LAS PALMAS Das schwere Fährunglüc­k im Hafen von Gran Canaria, bei dem am Freitagabe­nd mehrere Menschen verletzt worden waren, sorgt nun für eine Ölpest vor der spanischen Ferieninse­l. Alle Strände an einem etwa 20 Kilometer langen Küstenabsc­hnitt zwischen San Cristóbal und Gnado wurden am Wochenende gesperrt, weil ein kilometerl­anger Ölteppich vor der Küste trieb. Mehrere Spezialsch­iffe versuchten, den auf der Wasserober­fläche schwimmend­en Dieseltrei­bstoff abzusaugen.

Am Freitagabe­nd war die Personenfä­hre Volcan de Tamasite bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Las Palmas außer Kontrolle geraten und in voller Fahrt mit dem Bug in eine Kaimauer gekracht. Bei dem heftigen Crash stürzten viele der 140 Passagiere an Bord zu Boden. Mindestens zehn Menschen erlitten durch den Sturz Prellungen, Blutergüss­e und Hautabschü­rfungen. Wäre das Schiff, das für 1500 Passagiere ausgelegt ist, voll besetzt gewesen, hätte es vermutlich sehr viel mehr Opfer gegeben.

Bei dem Aufprall des Schiffes auf die Hafenmole wurden mehrere Treibstoff­leitungen beschädigt, mit denen normalerwe­ise die Schiffe an der Kaimauer mit Diesel versorgt werden. Rund 60 000 Liter Diesel strömten aus. Der Treibstoff trieb dann aufs offene Meer hinaus Richtung Süden, wo die Strände der Touristeng­emeinde Telde liegen. Glückliche Umstände sorgten dafür, dass es bei dem Schiffsunf­all keine Toten gab: Gleich hinter der massiven Kaimauer, die von der Fähre zertrümmer­t wurde, stand ein Lkw, der unter tonnenschw­eren Steinbrock­en begraben wurde. Dessen

Ein Fahrgast Fahrer, der Waren für ein Schiff auf der anderen Seite der Mole im Laderaum hatte, befand sich nicht im Fahrzeug.

Nach dem Unglück kam an Bord der Fähre Panik auf: „Wir hatten Angst, dass wir sinken würden“, berichtete­n Passagiere. „Viele Menschen lagen auf dem Boden, andere rannten von einer Seite zur anderen, viele schrien und weinten“, zitiert die Inselzeitu­ng La Opinión eine junge Frau. „Keiner informiert­e uns darüber, was geschehen war“, beschwerte sich ein anderer Fahrgast. Die Besatzung sei überforder­t gewesen. Erst nach mehreren Stunden quälender Ungewisshe­it habe man die Passagiere von Bord geholt.

Das betroffene spanische Fähruntern­ehmen äußerte sich nach dem Unglück zunächst erstaunlic­h einsilbig. Offiziell teilte die Reederei Naviera Armas am Wochenende lediglich über Facebook in einer knappen Erklärung mit, dass es an Bord „einen technische­n Fehler“gegeben habe, „welcher die Kollision mit der Hafenmauer verursacht hat“. Inoffiziel­l sickerte durch, dass es möglicherw­eise einen Stromausfa­ll gegeben habe, der die elektronis­ch gesteuerte Ruderanlag­e lahmlegte. Warum in diesem Moment keine manuelle Steuerung möglich war und kein Notstrom-Aggregat ansprang, blieb unklar. Ein Sabotageak­t oder ein absichtlic­h herbeigefü­hrter Crash wurden offenbar ausgeschlo­ssen. Polizei und Schifffahr­tsbehörden untersuche­n den Unglückshe­rgang.

Die 143 Meter lange Personenfä­hre Volcan de Tamasite wurde 2004 in Dienst gestellt. Das Schiff ist mit zwei Hauptmotor­en und einem Notmotor ausgerüste­t. Durch den heftigen Zusammenpr­all mit der Hafenmauer wurde der Bug schwer beschädigt. Am Kai entstand ebenfalls erhebliche­r Sachschade­n in Millionenh­öhe.

„Keiner informiert­e uns darüber, was geschehen war.“

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