„Viele Passagiere schrien und weinten“
Bei einem Fährunglück im Hafen von Las Palmas wurden mehrere Menschen verletzt. Außerdem strömten 60 000 Liter Diesel aus.
MADRID/LAS PALMAS Das schwere Fährunglück im Hafen von Gran Canaria, bei dem am Freitagabend mehrere Menschen verletzt worden waren, sorgt nun für eine Ölpest vor der spanischen Ferieninsel. Alle Strände an einem etwa 20 Kilometer langen Küstenabschnitt zwischen San Cristóbal und Gnado wurden am Wochenende gesperrt, weil ein kilometerlanger Ölteppich vor der Küste trieb. Mehrere Spezialschiffe versuchten, den auf der Wasseroberfläche schwimmenden Dieseltreibstoff abzusaugen.
Am Freitagabend war die Personenfähre Volcan de Tamasite bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Las Palmas außer Kontrolle geraten und in voller Fahrt mit dem Bug in eine Kaimauer gekracht. Bei dem heftigen Crash stürzten viele der 140 Passagiere an Bord zu Boden. Mindestens zehn Menschen erlitten durch den Sturz Prellungen, Blutergüsse und Hautabschürfungen. Wäre das Schiff, das für 1500 Passagiere ausgelegt ist, voll besetzt gewesen, hätte es vermutlich sehr viel mehr Opfer gegeben.
Bei dem Aufprall des Schiffes auf die Hafenmole wurden mehrere Treibstoffleitungen beschädigt, mit denen normalerweise die Schiffe an der Kaimauer mit Diesel versorgt werden. Rund 60 000 Liter Diesel strömten aus. Der Treibstoff trieb dann aufs offene Meer hinaus Richtung Süden, wo die Strände der Touristengemeinde Telde liegen. Glückliche Umstände sorgten dafür, dass es bei dem Schiffsunfall keine Toten gab: Gleich hinter der massiven Kaimauer, die von der Fähre zertrümmert wurde, stand ein Lkw, der unter tonnenschweren Steinbrocken begraben wurde. Dessen
Ein Fahrgast Fahrer, der Waren für ein Schiff auf der anderen Seite der Mole im Laderaum hatte, befand sich nicht im Fahrzeug.
Nach dem Unglück kam an Bord der Fähre Panik auf: „Wir hatten Angst, dass wir sinken würden“, berichteten Passagiere. „Viele Menschen lagen auf dem Boden, andere rannten von einer Seite zur anderen, viele schrien und weinten“, zitiert die Inselzeitung La Opinión eine junge Frau. „Keiner informierte uns darüber, was geschehen war“, beschwerte sich ein anderer Fahrgast. Die Besatzung sei überfordert gewesen. Erst nach mehreren Stunden quälender Ungewissheit habe man die Passagiere von Bord geholt.
Das betroffene spanische Fährunternehmen äußerte sich nach dem Unglück zunächst erstaunlich einsilbig. Offiziell teilte die Reederei Naviera Armas am Wochenende lediglich über Facebook in einer knappen Erklärung mit, dass es an Bord „einen technischen Fehler“gegeben habe, „welcher die Kollision mit der Hafenmauer verursacht hat“. Inoffiziell sickerte durch, dass es möglicherweise einen Stromausfall gegeben habe, der die elektronisch gesteuerte Ruderanlage lahmlegte. Warum in diesem Moment keine manuelle Steuerung möglich war und kein Notstrom-Aggregat ansprang, blieb unklar. Ein Sabotageakt oder ein absichtlich herbeigeführter Crash wurden offenbar ausgeschlossen. Polizei und Schifffahrtsbehörden untersuchen den Unglückshergang.
Die 143 Meter lange Personenfähre Volcan de Tamasite wurde 2004 in Dienst gestellt. Das Schiff ist mit zwei Hauptmotoren und einem Notmotor ausgerüstet. Durch den heftigen Zusammenprall mit der Hafenmauer wurde der Bug schwer beschädigt. Am Kai entstand ebenfalls erheblicher Sachschaden in Millionenhöhe.
„Keiner informierte uns darüber, was geschehen war.“