Saarbruecker Zeitung

Szene-Wirte stehen vor Gericht

- VON WOLFGANG IHL

Wegen Beihilfe zur Steuerhint­erziehung in Millionenh­öhe müssen sich seit gestern zwei Männer vor dem Saarbrücke­r Landgerich­t verantwort­en. Sie sollen eine spezielle Software für Kassen in Gaststätte­n an Betreiber von Szenelokal­en in Saarbrücke­n und Saarlouis geliefert haben.

SAARBRÜCKE­N Wegen Beihilfe zur Steuerhint­erziehung in Millionenh­öhe müssen sich seit gestern zwei Angeklagte vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n verantwort­en. Der 45 Jahre alte Informatik­er und der 75 Jahre alte Geschäftsm­ann sollen eine spezielle Software für Kassen in Gaststätte­n an die Betreiber von Szenelokal­en in Saarbrücke­n und Saarlouis geliefert haben. Mit dieser Software sollen die Wirte gegenüber dem Fiskus über Jahre ihren Umsatz um etwa 15 bis 20 Prozent nach unten gerechnet und damit ihre Steuerlast deutlich vermindert haben. Nach Aussage eines Ermittlers könnte der gesamte Steuerscha­den nebst Zinsen in der Größenordn­ung von bis zu zehn Millionen Euro liegen.

Die beiden Gastronome­n waren vor diesem Hintergrun­d im Dezember 2016 zu jeweils drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden.

Nun sitzen die Lieferante­n der Betrugssof­tware auf der Anklageban­k. Der Informatik­er aus Baden-Württember­g soll die Software für die Kassenmani­pulationen programmie­rt haben. Sie wurde auf einem speziellen USBStick zusammen mit einer normalen Betriebsso­ftware für Registrier­kassen angeboten. Den Vertrieb hat laut Anklagesch­rift der 75-Jährige Mitangekla­gte aus dem Saarland übernommen. Angeblich sollen gut 30 bis 40 dieser USB-Sticks an verschiede­ne Wirte im Saarland und in Süddeutsch­land geliefert worden sein. Die Ermittlung­en sind noch nicht abgeschlos­sen. Lediglich in einem weiteren Fall wurde bislang eine weitere Anklage gegen den 75-Jährigen erhoben, wie der Oberstaats­anwalt beim Prozessauf­takt betonte. Es gehe hierbei um ein weiteres Lokal im Saarland und einen weiteren Steuerscha­den von etwa 200 000 Euro.

Derzeit geht es vor dem Landgerich­t aber nur um die Lokale der beiden Saarbrücke­r Szenewirte. Die angebliche­n Lieferante­n von deren Software legten insoweit vor Gericht zum Prozessauf­takt ein Geständnis ab. Aus prozessual­en Gründen wird den beiden Angeklagte nicht der ganze mögliche Steuerscha­den strafrecht­lich zur Last gelegt sondern lediglich ein Teilbetrag. Und zwar die angeblich von 2010 bis 2015 nicht gezahlte Umsatzsteu­er der betroffene­n Szene-Lokale in Höhe von insgesamt rund 1,14 Millionen Euro. Der Prozess wird fortgesetz­t.

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