Ivanka Trump bei Merkels Frauen-Gipfel
POLITIK
Bei einem glamourös besetzten Frauen-Gipfel in Berlin haben Kanzlerin Angela Merkel und die Tochter des US-Präsidenten, Ivanka Trump, über Frauenpolitik debattiert. Es ging aber auch um Feminismus.
WASHINGTON (SZ/dpa/afp) Eigentlich soll es bei diesem
Tag um Frauen in der Wirtschaft gehen. Um deren Chancen auf Bildung und Karriere. Doch in Berlin dreht sich alles nur um eine einzige Frau: Ivanka Trump.
Die Tochter des 45. US-Präsidenten Donald Trump.
„Die mächtigste Tochter der Welt“, wie die „Wirtschaftswoche“titelt.
Vielleicht ist die MagazinHeadline gehypt. Macht lässt sich nun mal schwer messen. Ein Amt in der Regierung hat die hochgewachsene Blondine aus New York zumindest nicht inne. Dafür aber ein Büro im Ost-Flügel des Weißen Hauses. Die 35-Jährige gilt jedoch als einflussreichste Beraterin ihres Vaters, wirkt immer wieder auf Ausgleich bemüht, wenn ihr Vater (gerne via Twitter) jede Menge zersplittertes Porzellan hinterlässt. Als er jüngst China beispielsweise mit einem Handelskrieg drohte, veröffentlicht sie später ein Video, wie ihre Kinder dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping ein Lied singen. Ohne negative Folgen für sie.
Auch so scheint der 70-Jährige auf seine Lieblingstochter zu hören. „Sie sagt mir immer, was richtig ist“, sagte er einst. Und Ivanka hält sich bei diesen Gesprächen offiziell nicht mit ihren Ansichten zurück? „Wo ich mit meinem Vater nicht einer Meinung bin, weiß er es, und ich drücke mich total offen aus“, sagte Ivanka jüngst.
Wer ist also die Frau, die ihr Vater „vielleicht daten“würde, wenn sie nicht seine Tochter wäre. Die Mutter dreier Kinder (5,3, 1) stammt aus der ersten Ehe Donald Trumps mit dem tschechischen Model Ivana (Trump). Geld spielte nie eine Rolle in ihrem Leben. Sie wuchs auf als Mitglied der New Yorker High Society. Die Schlagzeilen über die turbulente Beziehung ihrer Eltern und dann die Scheidung, als sie gerade zehn war, haben sie frühzeitig ins Rampenlicht gerückt. Nach einem Ausflug auf den Laufsteg als Teenager wandte sich Ivanka jedoch lieber einer Karriere als Geschäftsfrau zu.
Sie studierte unter anderem an der renommierten Wharton Business School in Pennsylvania und legte einen Summa-cum-laudeAbschluss hin. Nach zwei Jahren bei einem Immobilienunternehmen stieg sie in die Trump Organization ihres Vaters ein – und zu einer Vizepräsidentin des Firmenimperiums auf. Daneben betrieb die glamouröse Ivanka eine eigene Modefirma und Schmucklinie, deren Management sie aber nach Aufnahme ihrer Beratertätigkeit abgab. Die Anteile hält sie noch immer. Und so steht die Geschäftsfrau, genau wie ihr Vater, im zunehmenden Verdacht von Interessenkonflikten. Jüngst ging es auch um ihre geschäftliche Beteiligung an dem nahe des Weißen Hauses gelegenen Trump International Hotel.
Ihren politischen Aufstieg verfolgen ihre Kritiker deshalb mit Argwohn. Bereits seit 2015. Damals erklärte ihr Vater seine Präsidentschaftskandidatur und sie wurde eine seiner wichtigsten Wahlkämpferinnen. Sie unterstützte ihn ohne Wenn und Aber, auch als ein Video auftauchte, in dem sich Donald Trump anzüglich über Frauen äußerte.
Nach dem Wahlsieg spielte sie in Trumps Übergangsteam bereits hinter den Kulissen eine große Rolle. Und in der aktuellen Regierungskonstellation profitiert Ivanka auch von der höchst einflussreichen Position ihres Ehemannes Jared Kushner (36), der ebenfalls einen Beraterposten im Weißen Haus bekleidet und für viele außen- und innenpolitische Dossiers zuständig ist. Beide gelten heute als „Power-Paar“im Weißen Haus.
Dass Ivanka Trump jetzt offiziell für die US-Regierung beim „Women20“-Dialog in Berlin weilt, ist zwar unüblich – aber doch logisch. Auch weil sie seit
2010 offiziell Markenbotschafterin der Vereinten Nationen ist und sich dort für bessere Bildungschancen junger Mädchen einsetzt.
Doch wie immer bei den Trumps lohnt sich auch hier ein genauer Blick: Sie entwarf damals in ihrer Modekollektion ein Armband für die UNO-Initiative Girl Up. Zehn Prozent der Erlöse soll sie gespendet haben. „Danach haben wir sie noch zehn Mal zu Veranstaltungen eingeladen, aber leider hat das nicht mehr in Ivankas Terminkalender gepasst“, beklagt Girl-Up-Leiterin Melissa Kilby in der „Wirtschaftswoche“. Sollte die glamouröse Ivanka Trump in Berlin, auf internationaler Bühne, der US-Regierung lediglich ein „gutes Gesicht“verpassen? Ein Indiz für das Wohlwollen ihres Vaters ist es allemal. Ein Beweis für Einfluss allerdings nicht.
Den wird es aber bald geben. Dann, wenn die US-Regierung ihre Position zum Pariser Klimaschutzabkommen bekanntgeben wird. Ivanka Trump kämpft laut Berichten dafür, dass die USA dem Abkommen treu bleiben, während der Chefstratege im Weißen Haus, Stephen Bannon, den Austritt durchsetzen will. BERLIN (dpa) Ivanka Trump versucht es zumindest. Die First Daughter, so ihr offizieller Titel, bemüht sich, bei den Zuhörerinnen eine Lanze für ihren Vater Donald zu brechen. Den US-Präsidenten, der sich gegenüber Frauen schon so abfällig verhalten hat. Auf dem Podium der internationalen Frauenkonferenz „Women20 Summit“schwärmt die große schlanke Frau, sie sei sehr stolz, dass ihr Vater sich schon seit langem für Familien einsetze. Die Sexismus-Vorwürfe gegen Daddy lächelt sie einfach weg. Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass ihr Vater Frauen schätze, auch in der Arbeitswelt. So habe er sie auch groß gezogen – und als Beraterin ins Weiße Haus geholt.
Die First Daughter sitzt am Dienstag in einer Diskussion mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der niederländischen Königin Maxima, Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland und der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde. Thema: Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt und die mögliche Abhilfe. Die Runde beklagt schlechtere Bezahlung für Frauen, Mentalitätsprobleme in der Wirtschaft, Mangel an Chefinnen in Unternehmen.
Merkel berichtet über ihre Erfahrungen in der CDU, über ihre Zeit als Frauenministerin. Da fragt die Moderatorin sie plötzlich, ob sie sich eigentlich als Feministin sehe. Merkel zögert, verzieht amüsiert das Gesicht. Nun ja, sagt sie: „Ich möchte mich auch nicht mit einem Titel schmücken, den ich gar nicht habe.“Und Frau Trump? Ist klarer: „Ich glaube, ich bin eine Feministin. Ich glaube an die Gleichstellung der Geschlechter.“
Normalerweise trifft sich Merkel nicht mit Töchtern von Präsidenten zu Polit-Runden. Schließlich kann die mächtigste Frau der Welt direkt mit dem Vater sprechen. Wieso also sitzen die beiden beim Frauen-Gipfel? „Bin ich der einzige, der es völlig absurd findet, dass die Bundeskanzlerin jetzt Außenpolitik mit der Tochter von Donald Trump macht?“, fragt SPD-Mann Lars Klingbeil.
Macht sie aber gar nicht. Es geht um Frauenpolitik. Als Merkel im März in Washington war, saß sie schon einmal mit Ivanka Trump an einem Tisch. Donald Trump hatte eine Runde von hochrangigen Wirtschaftsvertretern eingeladen. Dort wurde eingefädelt, dass Ivanka nach Berlin kommt, zum Frauengipfel im Rahmen der deutschen Präsidentschaft für das G20-Treffen im Juli in Hamburg. Es wird spekuliert, dass Merkel den Einfluss von Ivanka auf ihren Vater ausloten wollte. Aber ist die 35-Jährige tatsächlich die große Präsidenten-Flüsterin? Sie selbst bezeichnet sich in Berlin als PolitNeuling. Was sie in Deutschland erfahre, werde sie ihrem Vater mitbringen. Was immer das heißt. Nach dem Gipfel steckt sie mit Merkel kurz die Köpfe zusammen. Sie sagt Danke. Und bis bald.
„Mit einer erwachsenen Tochter des Präsidenten, die aktiv an der Arbeit der Regierung beteiligt ist, betreten wir Neuland.“
Jamie Gorelick, eine bekannte US-Anwältin und Managerin,
über den Einfluss von Ivanka Trump.