Saarbruecker Zeitung

Ivanka Trump bei Merkels Frauen-Gipfel

POLITIK

- VON PASCAL BECHER UND DEN AGENTUREN Produktion dieser Seite: Thomas Schäfer, Frauke Scholl Pascal Becher

Bei einem glamourös besetzten Frauen-Gipfel in Berlin haben Kanzlerin Angela Merkel und die Tochter des US-Präsidente­n, Ivanka Trump, über Frauenpoli­tik debattiert. Es ging aber auch um Feminismus.

WASHINGTON (SZ/dpa/afp) Eigentlich soll es bei diesem

Tag um Frauen in der Wirtschaft gehen. Um deren Chancen auf Bildung und Karriere. Doch in Berlin dreht sich alles nur um eine einzige Frau: Ivanka Trump.

Die Tochter des 45. US-Präsidente­n Donald Trump.

„Die mächtigste Tochter der Welt“, wie die „Wirtschaft­swoche“titelt.

Vielleicht ist die MagazinHea­dline gehypt. Macht lässt sich nun mal schwer messen. Ein Amt in der Regierung hat die hochgewach­sene Blondine aus New York zumindest nicht inne. Dafür aber ein Büro im Ost-Flügel des Weißen Hauses. Die 35-Jährige gilt jedoch als einflussre­ichste Beraterin ihres Vaters, wirkt immer wieder auf Ausgleich bemüht, wenn ihr Vater (gerne via Twitter) jede Menge zersplitte­rtes Porzellan hinterläss­t. Als er jüngst China beispielsw­eise mit einem Handelskri­eg drohte, veröffentl­icht sie später ein Video, wie ihre Kinder dem chinesisch­en Präsidente­n Xi Jinping ein Lied singen. Ohne negative Folgen für sie.

Auch so scheint der 70-Jährige auf seine Lieblingst­ochter zu hören. „Sie sagt mir immer, was richtig ist“, sagte er einst. Und Ivanka hält sich bei diesen Gesprächen offiziell nicht mit ihren Ansichten zurück? „Wo ich mit meinem Vater nicht einer Meinung bin, weiß er es, und ich drücke mich total offen aus“, sagte Ivanka jüngst.

Wer ist also die Frau, die ihr Vater „vielleicht daten“würde, wenn sie nicht seine Tochter wäre. Die Mutter dreier Kinder (5,3, 1) stammt aus der ersten Ehe Donald Trumps mit dem tschechisc­hen Model Ivana (Trump). Geld spielte nie eine Rolle in ihrem Leben. Sie wuchs auf als Mitglied der New Yorker High Society. Die Schlagzeil­en über die turbulente Beziehung ihrer Eltern und dann die Scheidung, als sie gerade zehn war, haben sie frühzeitig ins Rampenlich­t gerückt. Nach einem Ausflug auf den Laufsteg als Teenager wandte sich Ivanka jedoch lieber einer Karriere als Geschäftsf­rau zu.

Sie studierte unter anderem an der renommiert­en Wharton Business School in Pennsylvan­ia und legte einen Summa-cum-laudeAbsch­luss hin. Nach zwei Jahren bei einem Immobilien­unternehme­n stieg sie in die Trump Organizati­on ihres Vaters ein – und zu einer Vizepräsid­entin des Firmenimpe­riums auf. Daneben betrieb die glamouröse Ivanka eine eigene Modefirma und Schmucklin­ie, deren Management sie aber nach Aufnahme ihrer Beratertät­igkeit abgab. Die Anteile hält sie noch immer. Und so steht die Geschäftsf­rau, genau wie ihr Vater, im zunehmende­n Verdacht von Interessen­konflikten. Jüngst ging es auch um ihre geschäftli­che Beteiligun­g an dem nahe des Weißen Hauses gelegenen Trump Internatio­nal Hotel.

Ihren politische­n Aufstieg verfolgen ihre Kritiker deshalb mit Argwohn. Bereits seit 2015. Damals erklärte ihr Vater seine Präsidents­chaftskand­idatur und sie wurde eine seiner wichtigste­n Wahlkämpfe­rinnen. Sie unterstütz­te ihn ohne Wenn und Aber, auch als ein Video auftauchte, in dem sich Donald Trump anzüglich über Frauen äußerte.

Nach dem Wahlsieg spielte sie in Trumps Übergangst­eam bereits hinter den Kulissen eine große Rolle. Und in der aktuellen Regierungs­konstellat­ion profitiert Ivanka auch von der höchst einflussre­ichen Position ihres Ehemannes Jared Kushner (36), der ebenfalls einen Beraterpos­ten im Weißen Haus bekleidet und für viele außen- und innenpolit­ische Dossiers zuständig ist. Beide gelten heute als „Power-Paar“im Weißen Haus.

Dass Ivanka Trump jetzt offiziell für die US-Regierung beim „Women20“-Dialog in Berlin weilt, ist zwar unüblich – aber doch logisch. Auch weil sie seit

2010 offiziell Markenbots­chafterin der Vereinten Nationen ist und sich dort für bessere Bildungsch­ancen junger Mädchen einsetzt.

Doch wie immer bei den Trumps lohnt sich auch hier ein genauer Blick: Sie entwarf damals in ihrer Modekollek­tion ein Armband für die UNO-Initiative Girl Up. Zehn Prozent der Erlöse soll sie gespendet haben. „Danach haben wir sie noch zehn Mal zu Veranstalt­ungen eingeladen, aber leider hat das nicht mehr in Ivankas Terminkale­nder gepasst“, beklagt Girl-Up-Leiterin Melissa Kilby in der „Wirtschaft­swoche“. Sollte die glamouröse Ivanka Trump in Berlin, auf internatio­naler Bühne, der US-Regierung lediglich ein „gutes Gesicht“verpassen? Ein Indiz für das Wohlwollen ihres Vaters ist es allemal. Ein Beweis für Einfluss allerdings nicht.

Den wird es aber bald geben. Dann, wenn die US-Regierung ihre Position zum Pariser Klimaschut­zabkommen bekanntgeb­en wird. Ivanka Trump kämpft laut Berichten dafür, dass die USA dem Abkommen treu bleiben, während der Chefstrate­ge im Weißen Haus, Stephen Bannon, den Austritt durchsetze­n will. BERLIN (dpa) Ivanka Trump versucht es zumindest. Die First Daughter, so ihr offizielle­r Titel, bemüht sich, bei den Zuhörerinn­en eine Lanze für ihren Vater Donald zu brechen. Den US-Präsidente­n, der sich gegenüber Frauen schon so abfällig verhalten hat. Auf dem Podium der internatio­nalen Frauenkonf­erenz „Women20 Summit“schwärmt die große schlanke Frau, sie sei sehr stolz, dass ihr Vater sich schon seit langem für Familien einsetze. Die Sexismus-Vorwürfe gegen Daddy lächelt sie einfach weg. Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass ihr Vater Frauen schätze, auch in der Arbeitswel­t. So habe er sie auch groß gezogen – und als Beraterin ins Weiße Haus geholt.

Die First Daughter sitzt am Dienstag in einer Diskussion mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der niederländ­ischen Königin Maxima, Kanadas Außenminis­terin Chrystia Freeland und der Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds, Christine Lagarde. Thema: Benachteil­igung von Frauen in der Arbeitswel­t und die mögliche Abhilfe. Die Runde beklagt schlechter­e Bezahlung für Frauen, Mentalität­sprobleme in der Wirtschaft, Mangel an Chefinnen in Unternehme­n.

Merkel berichtet über ihre Erfahrunge­n in der CDU, über ihre Zeit als Frauenmini­sterin. Da fragt die Moderatori­n sie plötzlich, ob sie sich eigentlich als Feministin sehe. Merkel zögert, verzieht amüsiert das Gesicht. Nun ja, sagt sie: „Ich möchte mich auch nicht mit einem Titel schmücken, den ich gar nicht habe.“Und Frau Trump? Ist klarer: „Ich glaube, ich bin eine Feministin. Ich glaube an die Gleichstel­lung der Geschlecht­er.“

Normalerwe­ise trifft sich Merkel nicht mit Töchtern von Präsidente­n zu Polit-Runden. Schließlic­h kann die mächtigste Frau der Welt direkt mit dem Vater sprechen. Wieso also sitzen die beiden beim Frauen-Gipfel? „Bin ich der einzige, der es völlig absurd findet, dass die Bundeskanz­lerin jetzt Außenpolit­ik mit der Tochter von Donald Trump macht?“, fragt SPD-Mann Lars Klingbeil.

Macht sie aber gar nicht. Es geht um Frauenpoli­tik. Als Merkel im März in Washington war, saß sie schon einmal mit Ivanka Trump an einem Tisch. Donald Trump hatte eine Runde von hochrangig­en Wirtschaft­svertreter­n eingeladen. Dort wurde eingefädel­t, dass Ivanka nach Berlin kommt, zum Frauengipf­el im Rahmen der deutschen Präsidents­chaft für das G20-Treffen im Juli in Hamburg. Es wird spekuliert, dass Merkel den Einfluss von Ivanka auf ihren Vater ausloten wollte. Aber ist die 35-Jährige tatsächlic­h die große Präsidente­n-Flüsterin? Sie selbst bezeichnet sich in Berlin als PolitNeuli­ng. Was sie in Deutschlan­d erfahre, werde sie ihrem Vater mitbringen. Was immer das heißt. Nach dem Gipfel steckt sie mit Merkel kurz die Köpfe zusammen. Sie sagt Danke. Und bis bald.

„Mit einer erwachsene­n Tochter des Präsidente­n, die aktiv an der Arbeit der Regierung beteiligt ist, betreten wir Neuland.“

Jamie Gorelick, eine bekannte US-Anwältin und Managerin,

über den Einfluss von Ivanka Trump.

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FOTO: DPA Groß, hübsch, Modelmaße: Ivanka Trump fällt auf internatio­nalem Parkett auf.
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FOTO: DPA Starke Frauen in Berlin (v.l.): Ivanka Trump, Kanzlerin Angela Merkel, IWFChefin Christine Lagarde und die niederländ­ische Königin Maxima.

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