Hyperaktiver Trump riskiert Haushalts-Crash
ANALYSE Bis Samstag muss der US-Kongress den Etat-Rahmen der Regierung erweitern. Im Streit um das Geld für die Mexiko-Mauer droht ein Ausgabenstopp.
WASHINGTON Staatsdiener wurden reihenweise in den Zwangsurlaub geschickt, in den Ministerien herrschte geisterhafte Stille, Nationalparks mussten schließen, weil das Personal nicht mehr entlohnt werden konnte. Beim letzten Mal, als ein „Shutdown“den amerikanischen Regierungsbetrieb lähmte, blieben 850 000 Beamte 16 Tage lang unfreiwillig zu Hause. Nun droht sich das Debakel des Herbstes 2013 zu wiederholen, falls es Demokraten und Republikaner beim ersten handfesten Haushaltsstreit der Ära Trump nicht gelingt, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden. Am Sonnabend, ausgerechnet am 100. Tag der Präsidentschaft Donald Trumps, wird dem Fiskus das Geld ausgehen. Verabschiedet der Kongress bis dahin kein Ausgabengesetz, um im laufenden Finanzjahr – bis September – über die Runden zu kommen, droht die Stilllegung weiter Teile der Bundesverwaltung, eben der Shutdown.
War es seinerzeit die Tea-PartyFraktion der Republikaner, die eine Abwicklung der Gesundheitsreform Barack Obamas erzwingen wollte, so sitzt der größte Störfaktor diesmal im Oval Office. „Falls sich der Präsident heraushält, kriegen wir es vielleicht hin“, sagt Charles Schumer, der ranghöchste Demokrat im Senat. Trump wiederum lässt sein vertrautes Handlungsmuster erkennen. Erst pokert er hoch, dann folgt ein überraschend schneller Rückzieher, was er mit dem Satz kommentiert, dass er stolz auf seine Flexibilität sei. Im Wahlkampf war kaum ein Tag vergangen, an dem er seine Anhänger nicht im Chor rufen ließ, wer den Bau einer Mauer an der mexikanischen Grenze bezahle: „Mexiko! Mexiko! Mexiko!“Dann hieß es, dass Uncle Sam das Geld vorschieße und das Nachbarland später zur Kasse bitte.
Schließlich, im Poker um die Staatsausgaben, bestand Trump darauf, die erste Tranche zur Finanzierung der geplanten Mauer festzuschreiben. Bei den Demokraten biss er damit auf Granit. Da das Gesetz den Kongress nur passiert, wenn ihm mindestens 60 Senatoren zustimmen, die Republikaner aber nur auf 52 Senatssitze kommen, muss die Regierungspartei auf die Opposition zugehen.
Interessant ist, dass sich auch in den konservativen Reihen Widerspruch regt: Es spricht Bände über den schleichenden Autoritätsverlust Trumps. Nie und nimmer werde man auf den über zweitausend Meilen zwischen Pazifik und Golf von Mexiko eine Mauer errichten, sagt der Senator Lindsey Graham. „Ich denke, das Wort Mauer ist einfach ein Synonym für eine bessere Überwachung der Grenze.“Zusätzliche Sensoren, zusätzliche Flutlichtmasten: Dafür können sich auch Demokraten wie Schumer erwärmen. Die Konturen sind also bereits erkennbar. Die Frage ist nur, ob der Präsident nicht erneut dazwischenfunkt.
Am Montagabend sah es nach einem Einlenken aus. In einem der jähen Wendemanöver, wie sie zum Markenzeichen seines Regierungsstils werden, signalisierte Trump Verhandlungsspielraum. Mit der Finanzierung des Mauerbaus könne man auch noch bis September warten, ließ er wissen. Tags darauf wandte er sich schon dem nächsten Thema zu, einer Steuerreform, deren Grundzüge er bereits am Mittwoch skizzieren will. Noch vor wenigen Tagen, so berichten es amerikanische Zeitungen, wusste sein Beraterteam nichts von der bevorstehenden Präsentation konkreter Steuerpläne. Schon wieder wirkt es wie der Schnellschuss eines Hyperaktiven, der von Ankündigung zu Ankündigung springt, statt geduldig Nägel mit Köpfen zu machen.
„Falls sich der Präsident heraushält, kriegen wir es vielleicht hin“
Senator Charles Schumer
Fraktionschef der Demokraten