Saarbruecker Zeitung

Hobby: dreidimens­ionale Videos

- VON THOMAS ANNEN

VÖLKLINGEN Viele Völklinger kennen Gerold Fischer als ehemaligen Leiter des Marie-Luise-Kaschnitz-Gymansiums und als Grünen-Stadtratsm­itglied. Die wenigsten wissen, dass er ein außergewöh­nliches Hobby hat: die Stereoskop­ie. Der pensionier­te Oberstudie­ndirektor (Mathe, Physik) erstellt dreidimens­ionale Videos.

Im eigenen Heimkino kann er sich die Ergebnisse anschauen. Nach seiner Pensionier­ung hat Fischer den Filmsaal eingericht­et. Laut Vorbesitze­r stammen die Sessel aus einem Wiener Lichtspiel­haus. Und was passiert, wenn der Beamer startet? „Die Bilder fangen an zu leben“, schwärmt der 3-D-Fan. Die Handlung spielt nicht auf der flachen Leinwand, sondern in der Tiefe des Raums. Und schon sitzt der Zuschauer mittendrin statt nur davor.

„Für Stereoskop­iker ist das nur ein halber Fotoappara­t“, sagt Fischer schmunzeln­d, als die SZ-Fotografin zu ihrer Kamera greift. Seine Aufnahmege­räte verfügen über zwei Objektive, nur so kann ein dreidimens­ionaler Eindruck entstehen. Zunächst experiment­ierte Fischer mit der Fotografie. Er fügte zwei Kleinbildk­ameras mit Teppichkle­beband zusammen und löste sie gleichzeit­ig von Hand aus. Das erste 3D-Video wurde dann 2008 mit zwei synchronis­ierten Kameras gedreht. Von einer Sizilienre­ise brachte der promoviert­e Mathematik­er eine halbe Stunde Videomater­ial mit.

Die anschließe­nde Bearbeitun­g dauerte sechs Monate. Mit dem Ergebnis wäre Fischer neun Jahre später nicht mehr zufrieden. „Nach meinen heutigen Maßstäben unbrauchba­r“, lautet sein Urteil. Mit der Zeit hat er viel dazugelern­t, auch durch den Austausch mit Kollegen.

Da es im Saarland nur wenige Gleichgesi­nnte gibt, fährt das Mitglied der „Deutschen Gesellscha­ft für Stereoskop­ie“(DGS) alle zwei Monate zum Hunsrücker StereoStam­mtisch.

Mit den Jahren hat sich auch die Technik weiterentw­ickelt. Der Stereoskop­iker zeigt uns ein profession­elles Aufnahmege­rät. Als es 2011 auf den Markt kam, kostete es 25 000 Euro. Fischer hat die Kamera gebraucht gekauft. Wenn er mit dem großen Apparat draußen filmte, zog er viele Blicke auf sich. „Von welchem Sender kommen Sie?“, fragten die Leute.

Aktuell hat der Völklinger einen anderen Favoriten: Die handliche 3D-Kamera mit zwei Objektiven gleicht einem Fernglas. Der räumliche Eindruck wird direkt im Display kontrollie­rt. „So wie man’s sieht, wird’s aufgenomme­n“, erklärt der Experte. Man kann man die dreidimens­ionalen Videos auch am Computer anschauen – bei so genannten Freiblickv­erfahren sogar ohne Spezialbri­lle.

Die Pioniere der Technik kamen noch ganz ohne digitale Unterstütz­ung aus. Mitte des 19. Jahrhunder­ts wurde die Stereoskop­ie erfunden. Zu Fischers Sammlung gehört ein Wiedergabe­gerät aus den 1930er Jahren. Die Stereokart­en stecken auf einer Halterung vor dem Stereoskop, einer Art Brille mit Vergrößeru­ngslinsen.

Das linke Auge betrachtet eine Aufnahme. Der zweite Schnappsch­uss, leicht versetzt aufgenomme­n, geht ans rechte Auge. Im Gehirn entsteht dann der räumliche Eindruck. Das ausgewählt­e Motiv ist übrigens bekannt: Die Aufnahmen vom Alten Rathauses Völklingen sind rund 80 Jahre alt.

Fischers neueste Filme zeigen Theaterauf­führungen des MarieLuise-Kaschnitz-Gymnasium. Einen Ausschnitt aus dem letzten Bühnen-Projekt der Gymnasiast­en wird er auf dem DGS-Kongress zeigen, der im Mai in Völklingen stattfinde­t. „Ich muss noch letzte Hand anlegen“, sagt Fischer mit Blick auf seine Präsentati­on.

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