Fernab des Mainstreams
Conor Oberst, Mighty Oaks, Next Stop Horizon, Spoon: Ein ausgewählter Reigen aus der Indie-Welt
Conor Oberst von Bright Eyes hatte im Oktober des letzten Jahres sein Soloalbum „Ruminations“veröffentlicht. Darauf zu hören waren minimalistische, aber intensive Stücke, die sich aus Obersts Stimme sowie Piano, Gitarre und Mundharmonika zusammensetzten. Für den Nachfolger „Salutations“(Nonesuch/
Warner ) hat er sechs Begleitmusiker (unter anderem Ian und James Felice von The Felice Brothers) ins Studio bestellt. Sie spielten die „Ruminations“-Songs allesamt in großer Besetzung neu ein und nahmen noch sieben weitere Stücke auf. Erstaunlich, wie anpassungsfähig Now“veröffentlicht. Es beinhaltet die Musik zu Christoph Diems Interpretation von Daphne du Mauriers „Wenn die Gondeln Trauer tragen“an der Alten Feuerwache in Saarbrücken (wir berichteten). Nun liegt ihr nächstes reguläres Album „The Grand Still“(Transmopolitan/Cargo
) vor. Jenny Roos und Pär Hagström, die Köpfe der Band, hatten sich vor der Produktion des Albums einige analoge Synthesizer, darunter auch einen Casio CZ-1000, zugelegt und komponierten mit diesen die neuen Songs. Mit der Zeit kamen weitere Musiker hinzu und „The Grand Still“entwickelte sich zu einem schillernden Referenz-Potpourri aus Achtziger- und Indiepop-, Electro-, Folk- und Psychedelic-Einflüssen und nostalgischen Songs. Spoon beginnen ihr neuntes Album gleich mit einem Ohrwurm: dem Titelsong „Hot Thoughts“(Matador/Beggars Group/Indigo ). Verzerrte Gitarren, ein Keyboard und ein Glockenspiel in einen Topf zu werfen, ist mutig. Dieser Mut zahlt sich aus. „WhisperI’lllistentohearit“ist derweil ein treibender Song, der solange an Underworld erinnert, bis die verzerrte Gitarre sich ihren Weg nach vorne bahnt. Im weiteren Verlauf experimentiert die Band von Sänger und Multiinstrumentalist Britt Daniel im Spannungsfeld zwischen Indierock und Dance/Electropop.
Das Warten hat ein Ende: Leslie Feist meldet sich nach sechs Jahren mit ihrem neuen Album „Pleasure“zurück Auf Alben von Leslie Feist zu warten, macht partout keinen Spaß. Nicht, weil sie einen stets enttäuscht, vielmehr weil man nicht genug von ihren Songs bekommen kann. Sechs viel zu lange Jahre sind seit „Metals“vergangen. Aber das Warten hat ein Ende, denn ihr neuester Streich „Pleasure“(Polydor/Universal) ist fertig. Und ja, es ist ein enormes Vergnügen, dieses Album zu Obersts Stimme ist – sie überzeugt in kleiner wie großer Besetzung.
Nach ihrem Top Ten-Erfolg ihres Debütalbums und unzähligen Konzerten, knüpfen Mighty Oaks genau dort an, wo sie mit „Howl“(2014) aufgehört hatten. Wandel und Vergänglichkeit sind die Themen, die das aus Italien, England und den USA stammende Trio auf „Dreamers“(Vertigo/Universal ) verarbeitet. Ihre Folkpop-Songs sind auch anno 2017 eingängig und leicht verdaulich. Sie sind massenkompatibel, ohne belanglos oder banal zu sein (siehe „Be With You Always“).
Im Januar hatten Next Stop: Horizon ihr Album „Don’t Look hören. Diesmal war ihr Kollaborateur Chilly Gonzales nicht involviert, dafür aber zwei andere alte Bekannte: der kanadische Musiker Mocky, Brian LeBarton und Renaud Letang. Zu diesem angestammten Team, mit dem die 41-Jährige seit einigen Jahren arbeitet, gesellte sich der ehemalige Pulp-Sänger Jarvis Cocker.
Feist selbst spielt in den Songs Gitarre und erhebt ihre unverkennbare Stimme, die auch schon auf Alben von Wilco und Peaches oder in der USAusgabe der „Sesamstraße“zu hören war. „Pleasure“ist ein vielschichtiges Album. Feist experimentiert beispielsweise mit Loops („The Wind“). Außerdem gibt sie sich nicht mit leisen Tönen zufrieden. Sie tauscht auf „Pleasure“die Akustikgitarre gegen eine E-Gitarre aus und dringt bis in PJ Harveys Sphären vor („Century“). Ein anderes Mal benutzt sie die Akustikgitarre wie eine an den Verzerrer angeschlossene E-Gitarre („Any Party“). kfb
Goldfrapp „Silver Eye“(Mute/Good To Go): „Silver Eye“ist ein Gemeinschaftsprodukt. So arbeiteten Alison Goldfrapp und ihr Partner Will Gregory mit dem „Grammy Award“-Gewinner John Congleton zusammen. Außerdem trafen sie sich mit dem jungen britischen Musiker und Produzenten Bobby Krlic, besser bekannt unter seinem Pseudonym The Haxan Cloak, und dem Musiker/Produzenten Leo Abrahams, der schon mit Brian Eno, Grace Jones und Nick Cave gearbeitet hat. Bei dieser Konstellation an Fachpersonal konnte natürlich nichts mehr schiefgehen. „Silver Eye“ist ein spannungsgeladenes Electropop-Album mit düsteren und entrückten Songs, die teilweise auch auf einen ScienceFiction-Soundtrack passen würden („Become The
One“, „Moon In Your Mouth“).