Saarbruecker Zeitung

Macron trifft Putin in Versailles

In Versailles empfing Frankreich­s neuer Präsident Macron den russischen Kollegen Putin – und sprach auch heikle Themen an.

- VON CHRISTINE LONGIN

Der neue französisc­he Präsident Emmanuel Macron hat seinen russischen Amtskolleg­en Wladimir Putin im Schloss Versailles empfangen – und dabei selbstbewu­sst auch Kritik geäußert, etwa zum Konflikt in Syrien.

PARIS Die „Schlachten­galerie“hatte Emmanuel Macron für seine Pressekonf­erenz mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin ausgesucht. Der 120 Meter lange Saal mit Kampfszene­n im Schloss von Versailles sollte zeigen, dass der französisc­he Staatschef seinem Kollegen durchaus selbstbewu­sst begegnen will. Das machte der 39-Jährige vor den rund 200 Journalist­en klar, denen die beiden Staatschef­s nach einem Vier-Augen-Gespräch Rede und Antwort standen. Von einem „offenen und direkten Austausch“sprach Macron, der sich nicht in diplomatis­chen Floskeln erging. Klar nannte er im Syrien-Konflikt die „rote Linie“, die für Frankreich im Einsatz von Chemiewaff­en bestehe. „Da wird es sofort französisc­he Vergeltung­smaßnahmen geben“, drohte er.

Zum Ukraine-Konflikt vereinbart­en die beiden Präsidente­n ein neues Treffen im sogenannte­n Normandie-Format. Er wolle in den kommenden Stunden mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) darüber sprechen, kündigte Macron an. An den NormandieT­reffen nehmen neben Frankreich und Russland auch Deutschlan­d und die Ukraine teil. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger François Hollande, der Menschenre­chtsfragen zumindest in der Öffentlich­keit immer ausgespart hatte, sagte Macron: „Ich habe Wladimir Putin an die Bedeutung erinnert, die der Respekt der Minderheit­en hat. Ich werde immer wachsam bleiben in diesem Punkt, der unseren Werten entspricht.“Vor dem Schloss Versailles hatte eine Organisati­on gegen die Unterdrück­ung von Homosexuel­len in der russischen Republik Tschetsche­nien demonstrie­rt.

Die halbstündi­ge Begegnung mit den Journalist­en diente auch dazu, die Vorwürfe russischer Einmischun­g in den französisc­hen Präsidents­chaftswahl­kampf aufzuarbei­ten. Putin hatte indirekt die Rechtspopu­listin Marine Le Pen unterstütz­t und sie sogar im Kreml empfangen. Macrons Team war dagegen Ziel von Hackerangr­iffen, die möglicherw­eise von Russland aus gesteuert waren. Russische Medien verbreitet­en außerdem Gerüchte über den soziallibe­ralen Kandidaten.

Zum Empfang Le Pens antwortete Putin: „Wir empfangen jeden, jederzeit. Das bedeutet nicht, dass wir versucht haben, die Wahlen zu beeinfluss­en.“Macron zufolge hatten die beiden Politiker die Probleme im Wahlkampf bereits in ihrem ersten Telefonges­präch erörtert. „Ich bin Pragmatike­r“, bekannte der Präsident. „Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte und will nun vorankomme­n.“Es gebe zwar Meinungsve­rschiedenh­eiten. „Aber wir schauen darauf, wie wir gemeinsam handeln können. Sonst kommen wir bei der Ukraine und bei Syrien nicht voran.“

Putin zeigte sich gleich zu Beginn der Pressekonf­erenz geschmeich­elt, dass Macron ihn ins Schloss Versailles einlud, wo beide eine Ausstellun­g zum Besuch von Zar Peter dem Großen 1717 in Frankreich einweihten. Die Kulisse des Schlosses von Sonnenköni­g Ludwig XIV. passt zur Inszenieru­ng Macrons, der sich in einer Linie mit großen Präsidente­n wie François Mitterrand oder Charles de Gaulle sieht. Mitterrand hatte 1982 einen G7-Gipfel in dem königliche­n Dekor veranstalt­et. Russland hofft durch den Besuch auf einen Neuanfang in den Beziehunge­n zu Frankreich und damit auch zu Europa, das seine Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Konflikts aufrecht erhält. Im Herbst hatte Putin eine ParisReise abgesagt, nachdem der damalige Präsident Hollande lediglich über Syrien mit ihm reden wollte, wo Russland Präsident Baschar al-Assad unterstütz­t.

Macron traf Putin nur wenige Tage, nachdem er bei der Nato und der G7-Gruppe seine ersten Schritte auf dem diplomatis­chen Parkett gemacht hatte. In Erinnerung blieb vor allem der Händedruck zwischen Macron und Donald Trump, der zu einer Art Kraftprobe wurde. „Donald Trump, der türkische Präsident oder der russische Präsident sind in einer Logik des Kräftemess­ens, was mich nicht stört. Ich lasse nichts durchgehen. So verschafft man sich Respekt“, sagte Macron hinterher in einem Zeitungsin­terview.

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