Saarbruecker Zeitung

Arrogant, schändlich, gefährlich

Merkels Zweifel am Partner USA lassen in Washington die Alarmglock­en schrillen.

- VON THOMAS SEIBERT Die US-Demokratin Nancy Pelosi rügte Trump scharf.

WASHINGTON Die Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die mangelnde Zuverlässi­gkeit der USA werden in Washington als Grabgesang auf die Nachkriegs-Epoche verstanden. Zwischen Europa und den USA habe es immer wieder ein Auf und Ab gegeben, kommentier­te Strobe Talbott, einer der angesehens­ten außenpolit­ischen Experten der USA. Doch diesmal „reicht der Riss viel tiefer“. Trump-Kritiker werfen dem Präsidente­n vor, mit seinem Verhaltern beim NatoGipfel vergangene Woche eine Säule der Sicherheit­spolitik und des Zusammenha­lts des Westens zertrümmer­t zu haben.

Mit Trumps Auftritt in Brüssel haben sich die USA nach Einschätzu­ng besorgter Beobachter von ihrer traditione­llen Beschützer­rolle in Europa verabschie­det. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriege­s hatte die Supermacht in Westeuropa einen Schutzschi­rm aufgespann­t, der auch nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 die Grundlage der westlichen Sicherheit­sstruktur bildete. Von Norwegen bis an die syrische Grenze reichte dieser Schirm, dessen Existenz von ganzen Generation­en europäisch­er Politiker als selbstvers­tändlich galt.

In Brüssel hat Trump begonnen, den Schirm zuzuklappe­n, sagen Experten wie Talbott. Sein Kollege Richard Haass wertet Merkels Worte ebenfalls als „Wegscheide“. Was die Kanzlerin gesagt habe, sei genau das, was Amerika seit 50 Jahren habe vermeiden wollen, kommentier­te Haass. In sozialen Medien wurde der Vorwurf laut, Trump habe dem alten Rivalen Russland einen strategisc­hen Sieg beschert, indem er die Allianz mit Europa aufgebroch­en habe.

Die prominente Opposition­spolitiker­in Nancy Pelosi warf Trump vor, mit seiner „ungehobelt­en und herablasse­nden“Rede bei der Nato das westliche Bündnis schlechtge­macht zu haben. Trumps Haltung sei angesichts der Tatsache, dass die Nato den USA nach dem 11. September 2001 zur Hilfe eilten, „schändlich und gefährlich“. Trump habe sich bei seiner Reise aufgeführt wie „ein besoffener Tourist“, zitierte die Plattform „Daily Beast“einen Beamten im Außenminis­terium. Auch bei der Debatte über den Klimawande­l habe Trump eine blanke „Arroganz“an den Tag gelegt.

Trump-Anhänger sehen Merkels Worte indes als Zeichen dafür, dass der Präsident auf dem richtigen Weg ist. Amerika habe Europa lange genug durchgefüt­tert, hieß es in Twitter-Kommentare­n.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany