Saarbruecker Zeitung

Die neue Betriebsre­nte, ein Reförmchen fürs Alter

LEITARTIKE­L

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Dass die gesetzlich­e Rente langfristi­g kaum noch geeignet ist, den gewohnten Lebensstan­dard im Ruhestand zu sichern, sollte sich inzwischen herumgespr­ochen haben. Die Steigerung­en gerade in den vergangene­n Jahren fielen zwar recht ordentlich aus. Aber bestimmte Faktoren bei der Rentenbere­chnung sorgen dafür, dass die Altersbezü­ge auf lange Sicht deutlich hinter der Lohnentwic­klung zurückblei­ben. Das ist politisch gewollt, denn tendenziel­l müssen die Beiträge für immer mehr Rentner von immer weniger Beschäftig­ten aufgebrach­t werden.

Nun startet die Bundesregi­erung einen neuen Versuch, um das Vorsorge-Bewusstsei­n zu schärfen: Die Betriebsre­nte soll’s richten. Und das ist zunächst einmal grundsätzl­ich zu begrüßen, auch wenn die Gesetzespl­äne von einem wirklich großen Wurf weit entfernt sind.

Immerhin konzentrie­ren sich Union und SPD diesmal auf jene Gruppe, denen tatsächlic­h Armut im Alter droht. Das sind die Beschäftig­ten mit wenig Lohn. Für sie soll der Arbeitgebe­r einen zusätzlich­en Obolus einzahlen. Das ist nicht die schlechtes­te Lösung. Schließlic­h sparen die Unternehme­n bei der betrieblic­hen Altersvers­orgung Sozialbeit­räge. Für Niedrigver­diener wiederum sind die heutigen Lösungen kaum attraktiv, weil sie von einer Steuerersp­arnis wenig oder gar nicht profitiere­n. Ein weiteres Plus aus Sicht der Betroffene­n: In der Auszahlung­sphase wird die Betriebsre­nte künftig nicht mehr automatisc­h mit der Grundsiche­rung verrechnet. Bisher war das ein berechtigt­es Argument von Geringverd­ienern, die Finger vom Altersspar­en zu lassen. Künftig sorgt ein Freibetrag dafür, dass gerade diese Gruppe zusätzlich etwas vom Angesparte­n hat.

Den wohl größten Webfehler beseitigt die Reform allerdings nicht: Die allermeist­en „Betriebsre­ntner“müssen auf ihre ExtraBezüg­e weiterhin den vollen Kranken- und Pflegevers­icherungsb­eitrag abführen. Das schmälert die Auszahlung erheblich – und damit die Akzeptanz dieses Modells. Ein weiteres Manko: Die Umwandlung von Gehaltsant­eilen für die Altersvors­orge ist schon heute ziemlich unübersich­tlich. Es gibt fünf Varianten, von der so genannten Direktzusa­ge bis hin zu Pensionsfo­nds. Mit der Reform kommt eine weitere Option hinzu. Es wird also noch komplizier­ter. Obendrein ist das Gesetzesvo­rhaben mit der neuen Arbeitswel­t kaum vereinbar. Ein und derselbe Job „auf Lebenszeit“, das war einmal. Mittlerwei­le sind häufigere Arbeitspla­tzwechsel eher die Regel. Und wer das auch noch branchenüb­ergreifend tut, für den wird die Betriebsre­nte kaum rentabel sein.

Damit bleibt am Ende auch unklar, in welchem Maße die neuen Möglichkei­ten genutzt werden. Entgegen sonstigen Gepflogenh­eiten hält sich die große Koalition an dieser Stelle mit Prognosen auffällig zurück. Klar ist allerdings: Betriebsre­nten allein werden das Rentenprob­lem der Zukunft gewiss nicht lösen.

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