Saarbruecker Zeitung

Was kommt als Nächstes?

Auf der Campus-Messe Next will die Saar-Uni Studenten und Firmen zusammenbr­ingen. Das ist gar nicht so einfach.

- VON CHRISTIAN LEISTENSCH­NEIDER

SAARBRÜCKE­N Studenten von heute sind widersprüc­hliche Wesen. Sie sind selbstbewu­sst, aber orientieru­ngslos. Karriere ist ihnen nicht wichtig, ein hohes Einstiegsg­ehalt allerdings schon. Vor Anzugträge­rn haben sie Respekt, gar Scheu – während eines Vorstellun­gsgespräch­s packen sie jedoch unbefangen das Smartphone aus.

Dieses Sittenbild erhält, wer sich auf der Campus-Messe Next umhört, auf der die Saar-Uni Studenten und Unternehme­n miteinande­r in Kontakt bringen will. Das sei gar nicht so einfach, erklärt Miriam Bilke-Perkams vom CareerCent­er der Saar-Uni, dem Organisato­r der Messe. Denn auf beiden Seiten herrsche eine zunehmende Unsicherhe­it, wie einander zu begegnen ist.

Dabei haben sich die Voraussetz­ungen in den vergangen Jahren gewandelt. Die einen nennen es einen Arbeitnehm­ermarkt, die anderen martialisc­h einen Krieg um Talente. Gemeint ist das Phänomen, dass durch eine brummende Wirtschaft und die demographi­sche Entwicklun­g Absolvente­n heutzutage heiß begehrt sind. Ein Selbstläuf­er ist der Jobeinstie­g dadurch aber noch lange nicht.

Wie also finden Absolvente­n und Firmen zusammen? Der beste Weg führt über die Praxis, sagt Nadine Weiss von Audi: „Wer bereits im Studium ein Praktikum bei uns absolviert hat, hat eine ganz andere Basis. Wir bauen stark auf bereits bestehende Verbindung­en.“

Obwohl der Autobauer aus Ingolstadt hohe Ansprüche an JobAnwärte­r stellt, hat er derzeit noch keine Probleme, geeigneten Nachwuchs zu rekrutiere­n. Bei abat+, einer Software-Firma mit Sitz in St. Ingbert, sieht das schon anders aus. Dabei arbeitet auch sie in der Autoindust­rie. Das Unternehme­n stellt unter anderem die Programme für die Produktion­sanlagen von Daimler her.

Trotzdem hat die Firma Schwierigk­eiten, geeigneten Nachwuchs zu bekommen, sagt Philip Busch, Leitender Softwarear­chitekt bei abat+. Da sei zum einen die geographis­che Lage, Spitzenleu­te seien nur schwer davon zu überzeugen, ins Saarland zu ziehen. Und dann gibt es noch einen Grund, der dem aktuellen Zeitgeist entgegenst­eht: Das Unternehme­n baut eine Software, die sich seit Jahrzehnte­n bewährt hat. Sein Geschäftsm­odell beruht eher auf Kontinuitä­t als auf dem aktuellen Trend-Thema Disruption. Mit diesem Schlagwort werden junge Firmen charakteri­siert, die nach dem Vorbild amerikanis­cher Computerfi­rmen mit ihren Ideen die Geschäftsm­odelle ganzer Branchen über den Haufen werfen. Um das Firmen-Image ein wenig aufzufrisc­hen, hat abat+ an seinem Messestand deshalb das Dingsymbol hipper Start-up-Firmen schlechthi­n aufgebaut, einen Tischkicke­r. Das soll signalisie­ren: Auch in etablierte­n Firmen kann es innovativ und kreativ zugehen.

Angesichts des Fachkräfte­mangels machen sich auch viele Geisteswis­senschaftl­er, die sich notorisch schwertun, auf dem Arbeitsmar­kt Fuß zu fassen, Hoffnung auf eine Quereinste­iger-Karriere in der Industrie. Doch sie sollten sich keine Illusionen machen. Bei den Unternehme­n haben sie auch weiterhin viel Überzeugun­gsarbeit zu leisten.

„In Stein gemeißelt sind formale Abschlüsse nicht“, sagt Audi-Mitarbeite­rin Nadine Weiss zwar. Aber Kandidaten müssen schon handfest nachweisen könne, dass sie für einen fachfremde­n Job geeignet sind. Sie hat auch noch einen besonderen Tipp für den Lebenslauf: „Am wichtigste­n ist, dass man Eigeniniti­ative auch außerhalb des Studiums erkennen kann. Das ist oft das Zünglein an der Waage bei Einstellun­gen.“

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FOTO: IRIS MAURER Firmen müssen sich etwas einfallen lassen, um geeigneten Nachwuchs zu ködern. Die Aussicht auf eine lockere Arbeitsatm­osphäre könnte helfen.

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