Saarbruecker Zeitung

Die „68er“müssten eigentlich „67er“heißen

-

Mit dem Tod von Benno Ohnesorg eskalierte der Konflikt zwischen Studentenb­ewegung und Staatsmach­t. Der Historiker Eckard Michels weist darauf hin, dass in der Geschichts­schreibung der westdeutsc­hen Protestbew­egung eher von den „67ern“als von den „68ern“gesprochen werden müsste. 1967 sei das entscheide­nde Jahr gewesen.

Nach dem 2. Juni 1967 radikalisi­erte sich die Studentenb­ewegung, spätestens nach dem Attentat auf Rudi Dutschke am 11. April 1968 verließ die Studentenr­evolte die Universitä­ten der noch jungen Bundesrepu­blik. Es folgten terroristi­sche Gruppen wie die RAF, es folgten Bürgerbewe­gungen und viel später eine neue Partei: die Grünen.

Spätere Terroriste­n wie Gudrun Ensslin begründete­n die Hinwendung zur Gewalt mit der Ermordung Ohnesorgs. 1972 gründete sich in Berlin die Terrorgrup­pe Bewegung 2. Juni. Der Tag sei „zweifelsoh­ne der Ausgangspu­nkt der Studentenb­ewegung gewesen“, sagt auch der Politikwis­senschaftl­er Wolfgang Kraushaar. Durch den Tod sei der Funke vom Campus der Freien Universitä­t auf andere Hochschule­n übergespru­ngen. „Es herrschte eine große Verunsiche­rung, ob man es mit den Anzeichen eines Polizeista­ates zu tun habe.“

Die Studentenb­ewegung verstand sich als Teil der Außerparla­mentarisch­en Opposition gegen die seit 1966 regierende Große Koalition. Aus der APO sprossen neue Ideen und Lebensmode­lle. Was die NS-Zeit verschütte­t und unterdrück­t hatte, lebte wieder auf: Marxismus, Psychoanal­yse, freie Liebe und der Traum der klassenlos­en Gesellscha­ft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany