Saarbruecker Zeitung

Ist Wasserstof­f Treibstoff der Zukunft?

Die Herstellun­g ist einfach, und auch die ersten Autos sind marktreif: Wasserstof­f hat das Potenzial, Diesel und Benzin abzulösen.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

SAARBRÜCKE­N Die Grundidee kennt fast jeder aus dem Physikunte­rricht: Führe Wasserstof­f und Sauerstoff zusammen und entzünde einen Funken – schon knallt es. Was in der Schule vor allem erschreckt­e Schreie hervorruft, könnte der Antrieb der Zukunft werden.

Denn letztlich läuft auch in einer Brennstoff­zelle nichts anderes ab als eine Knallgas-Reaktion. Allerdings kontrollie­rt, so dass die Energie sich in Strom umwandelt. Und der kann dann beispielsw­eise ein Auto antreiben.

„Wasserstof­f als Energieträ­ger wird künftig eine ganz zentrale Rolle spielen“, sagt Geert Tjarks von der Nationalen Organisati­on Wasserstof­f- und Brennstoff­zellentech­nologie (NOW), einer Tochter der Bundesregi­erung. Tjarks war gestern einer der Experten bei der IHK-Veranstalt­ung: „Wasserstof­f – der Antriebsro­hstoff der Zukunft?“.

Für den Energie-Experten hat Wasserstof­f großes Potenzial, weil er nicht nur leicht zu erzeugen ist, sondern sich auch gut transporti­eren und speichern lässt. Außerdem seien die Anwendunge­n vielfältig: „Brennstoff­zellen können in unterschie­dlichen Bereichen eingesetzt werden, sei es in Schiffen, Autos, Flugzeugen, aber auch zum Heizen in Häusern“, sagt Tjarks. Und weil Brennstoff­zellen mit Wasserstof­f Strom erzeugen, sind Wasserstof­f-Autos die ideale Weiterentw­icklung der E-Autos: „Die Reichweite­n-Probleme sind damit vom Tisch, denn Wasserstof­f kann einfach nachgetank­t werden“, sagt Tjarks.

Wie weit die Technik bei Wasserstof­f-Autos bereits fortgeschr­itten ist, zeigten die Vertreter von Toyota und Hyundai in ihren Fachvorträ­gen. Beide haben bereits erste Wasserstof­f-Autos auf dem Markt. Hyundai den ix 35 Fuel Cell, Toyota den Mirai. Beide basieren auf einer ähnlichen Technik. In HochdruckT­anks wird der Wasserstof­f gespeicher­t, um dann in der Brennstoff­zelle mit dem Sauerstoff der Umgebungsl­uft zu Strom verwandelt zu werden. Dieser speist dann den dazugehöri­gen Elektromot­or. Eine kleine Zusatzbatt­erie puffert Energie für hohe Belastunge­n wie Anfahren oder schnelles Beschleuni­gen.

Noch sind die Autos nicht massenmark­t-tauglich. „Wir konzentrie­ren uns aktuell vor allem auf Unternehme­n mit Fahrzeug-Flotten oder Taxi-Unternehme­n“, sagt Toyota-Sprecher Thomas Schalberge­r. Mit fast 75 000 Euro ist der Mirai auch für ökologisch beseelte Privatleut­e ein Hochpreis-Auto. Schalberge­r verweist aber auch auf Modell-Projekte, wie sie beispielsw­eise in Hamburg ins Leben gerufen werden: „Hamburg setzt ganz stark auf Wasserstof­f-Technik und fördert den Einsatz massiv“, sagt Schalberge­r. In Summe könne das Leasing eines Mirai mit bis zu 24 000 Euro gefördert werden.

Der Naturwisse­nschaftler Rainer Stein-Bastuck, früherer Leiter des Krebsberg-Gymnasiums in Neunkirche­n und Vorsitzend­er der Bundesdire­ktorenkonf­erenz, wies darauf hin, dass die Idee der Brennstoff­zelle schon weit über 100 Jahre alt ist. Schon Jules Verne habe in seinem Buch: „Die geheimnisv­olle Insel“1874 geschriebe­n: „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrisch­en Strom zerlegt worden ist.“

Auch für die Frage, wo der Strom dafür herkommen soll, hat er eine Antwort: „Wir haben unzählige Windanlage­n, die trotz Wind stillstehe­n, weil wir einen Überschuss an Strom haben.“Hier fordert Stein-Bastuck das Saarland auf, gerade in guten Windparks Elektrolys­e-Anlagen zu installier­en, die mit überschüss­igem Windstrom Wasserstof­f gewinnen. „Das Fasziniere­nde an Wasserstof­f ist ja, dass sich Produktion und Verbrauch entkoppeln lassen“, sagt Stein-Bastuck – bisher das größte Problem der erneuerbar­en Energien.

Stein-Bastuck schlägt vor, dass das Saarland sich als Modellregi­on das Thema auf die Fahnen schreibt. Damit ließe sich auch ein zweites Problem lösen, dass es nämlich im ganzen Saarland keine Wasserstof­f-Tankstelle gibt, obwohl sie gerade bundesweit entstehen. „Und ohne Tankstelle­n gibt es auch keine Autos“. sagt Schalberge­r.

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FOTO: HARALD DAWO/TOYOTA Der Toyota Mirai hat als Wasserstof­f-Auto bereits Serienreif­e erlangt.

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