Saarbruecker Zeitung

Sauna in den Klassenräu­men

Verbände kritisiere­n, dass zehn Jahre nach der Hitzefrei-Regelung Sonnenschu­tz und Klimaanlag­en fehlen.

- VON DENNIS LANGENSTEI­N

SAARBRÜCKE­N „Pünktlich mit den ersten Sonnenstra­hlen kocht im Saarland auch die Diskussion über Hitzefrei hoch. Diese Diskussion müsste schon längst überflüssi­g sein“, erklärt Marcus Hahn, der Vorsitzend­e des Saarländis­chen Philologen­verbands (SPhV), der die Lehrer an Gymnasien vertritt. Aus Sicht seines Verbandes sei es nicht hinnehmbar, dass zehn Jahre nach der Abschaffun­g der Hitzefrei-Regelung an vielen Schulen im Land ausreichen­de Vorkehrung­en gegen

„Wir erwarten, dass mit

dem Geld aus Berlin auch eine Veränderun­g

eintritt.“

Lisa Brausch überhitzte Klassenräu­me fehlten. Die Folgen seien jedes Jahr gleich: ermattete Schüler, ausfallend­e Technik, abstürzend­e Computer, sinkende Lernleistu­ngen und gesundheit­sschädlich­e Arbeitsbed­ingungen für Schüler und Lehrer.

Zwar gibt es einige Regelungen vom Bildungsmi­nisterium, wie etwa im Freien zu unterricht­en oder Waldwander­tage und Freibadbes­uche anzubieten, die die Schülerinn­en und Schüler vor übermäßige­r Hitze bewahren sollen, doch auch hier übt der SPhV Kritik. Es seien „notdürftig­e Versuche, die baulichen Mängel an den Schulen durch unterricht­sorganisat­orische Maßnahmen zu verbergen“, was „einem hoch entwickelt­en Industries­taat schlichtwe­g unwürdig“ sei. Hahn fordert einen runden Tisch mit allen Beteiligte­n, also den Trägern, den Verbänden und dem Bildungsmi­nisterium, um eine Bestandsau­fnahme und einen Fahrplan zu erstellen, wann und wo entspreche­nde Umbauten umgesetzt werden. Minimalzie­l sei, „dass die Arbeitsbed­ingungen in den Klassenräu­men zumindest den Vorschrift­en des Arbeitssch­utzes entspreche­n.“ Denn diese würden für Beamten nur abgewandel­t und für die Kinder gar nicht gelten.

Auch die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft kritisiert den langsamen Fortschrit­t beim Hitzeschut­z. Der stellvertr­etende Landesvors­itzende Andreas Sànchez Haselberge­r sieht zwar die Alternativ­en zum Hitzefrei nicht ganz so kritisch: „Früher wäre der Unterricht auch ausgefalle­n. Nun kann man die Zeit zumindest mit Sinnvollem wie Waldpädago­gik füllen“, doch auch er fordert mittel- bis langfristi­ge Planungen: „Dem Hitzeschut­z sollte der gleiche Stellenwer­t zukommen wie der Digitalisi­erung.“Er schränkt jedoch ein: „Die Kassen bei den Kommunen und Kreisen als Träger sind leer.“

Ähnlich lautet der Tenor von Lisa Brausch, der Landesvors­itzenden des Saarländis­chen Lehrerinne­nund Lehrerverb­andes (SLLV). Auch sie sieht, „wie auch bei der Inklusion“, Handlungsb­edarf. Ihre Hoffnung ist, dass sich mit der Neuordnung des BundLänder-Finanzausg­leichs, der ab 2020 mehr Geld ins Saarland spülen soll, sich auch die überhitzte Lage ändert: „Wir erwarten, dass mit dem Geld aus Berlin auch eine Veränderun­g eintritt.“

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FOTO: FOTOLIA Schwitzen im Unterricht. Laut Philologen­verband sind Temperatur­en von über 30 Grad in saarländis­chen Klassenräu­men keine Seltenheit.

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