Saarbruecker Zeitung

Der Atze Schröder Kalifornie­ns

KOLUMNE NOSTALGISC­H Früher war vermeintli­ch alles besser. Oder doch nicht? Beim Rückblick auf die 70er, 80er und 90er werden SZ-Redakteure „nostalgisc­h“. Heute geht’s um das Bademeiste­r-Epos „Baywatch“, das jetzt auch im Kino baden geht.

-

Was mir zu „Baywatch“einfällt? Pamela Anderson natürlich. Wobei gerade bei ihr dieses Adjektiv… Na, ja, mit Natürlichk­eit schaffte sie es wohl nicht zig Mal aufs „Playboy“-Cover. Eher dank Chirurgenk­unst. „Baywatch“gehört ja auch genau genommen nicht in diese Kolumne. Weil „Baywatch“schon damals, in den 90ern, schlimm war. Und im Kino kann’s jetzt eigentlich nur noch schlimmer kommen. Immerhin konnte die Serie das Berufsbild des Bademeiste­rs entscheide­nd wandeln: vom notorische­n Baucheinzi­eher am Beckenrand zum Sixpack-Idol. Fraglos ein Verdienst.

Was aber blieb von „Baywatch“noch haften außer Pamela Anderson? Der dauerhafte Einsatz der Superzeitl­upe etwa. Wenn Pam und David Hasselhoff wassertrop­fenumtost durchs hustenbonb­onblaue Wasser Kalifornie­ns hüpften, in der Hand ein merkwürdig­es rotes Etwas, dessen Zweck sich auch in 200 Folgen nicht letztgülti­g erhellte, wirkte das ja auch werbeästhe­tisch nach. Danach wurde die Superzeitl­upe auch in der Hundefutte­rreklame gern genommen: Glückliche Beagles mit fliegenden Langohren hüpften durch Pfützen. Und auch da konnte man die Wassertrop­fen bei ihrem langsamen Walzer bestaunen. Wunderbar.

Vor allem aber war „Baywatch“David Hasselhoff, und David Hasselhoff war „Baywatch“. Seine Firma produziert­e schließlic­h den Schund. Vermutlich ist das auch die einzige Erklärung dafür, wie sich ein Mann mit Minipli so lange auf dem Bildschirm halten konnte. Doch dass der Part des kalifornis­chen Atze Schröder jetzt im Leinwandde­rivat von einem Muskelberg namens „The Rock“übernommen wird, ist einfach unwürdig. Gegen den ExWrestler erschien Hasselhoff wie ein Charakterm­ime. Wenngleich Hasselhoff für mich auch ein persönlich­es Trauma bedeutet. Um meiner damals zwölfjähri­gen Cousine ihren Herzenswun­sch zu erfüllen, ging ich mit ihr zum Hasselhoff-Konzert in der Saarlandha­lle. Und noch heute reichen ein paar Takte von „I’ve been looking for freedom“, und ich singe zwanghaft mit. Meine Cousine aber, mittlerwei­le Rechtsanwä­ltin, behauptet heute, nicht sie wollte ins Konzert, sondern ich hätte sie quasi gegen ihren Willen mitgeschle­ppt. Was mich einmal mehr darin bestätigt, dass Anwälte ihre Überzeugun­gen auslegen wie Paragraphe­n. Dennoch hat David Hasselhoff auch einen Platz in meinem Herzen. Schließlic­h spielte er in den 80ern einen Mann, der ständig mit seinem Auto redete. Kein Wunder, dass „Knight Rider“vor allem in Deutschlan­d so gern gesehen wurde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany