Saarbruecker Zeitung

Ein Sturm fegt über Katars WM-Traum

Das Emirat steht unter Verdacht, Terroriste­n zu fördern. Erste Staaten brechen den Kontakt ab — und der DFB spricht laut über einen WM-Boykott.

- VON JAN KUHLMANN UND PASCAL BECHER

(dpa) Nach außen hin zeigt sich das kleine Emirat Katar gerne als modernes Land, das sich für die Welt öffnet. Der reiche Golfstaat rühmt sich etwa seiner Kunstmusee­n, in die unzählige Millionen für berühmte Werke fließen. 2022 will Katar die Fußball-Weltmeiste­rschaft austragen, als erstes arabisches Land überhaupt. Das Sportereig­nis soll Höhepunkt einer Kampagne sein, mit der das Emirat seinen Ruf polieren und seinen Einfluss mehren will.

Doch für Kritiker versteckt sich hinter diesem schönen Gesicht die dunkle Seite eines Landes, das seit langem unter dem Verdacht steht, Terrorgrup­pen zu finanziere­n. Auch die Golfnachba­rn Saudi-Arabien, die Vereinigte Arabische Emirate (VAE)undBahrain­sowiederen­Verbündete Ägypten und Jemen brachten diesen Vorwurf jetzt vor, um alle diplomatis­chen Kontakte zu Katar abzubreche­n – in einer konzertier­ten Aktion, die die Region in eine schwere Krise stürzt. Auch global.

Am deutlichst­en bezog dabei US-Präsident Donald Trump Stellung. Er findet die Isolation Katars richtig – und führt sie auf sein Gipfel-Treffen in Saudi Arabien vor wenigen Tagen mit Staatschef­s der arabischen Welt zurück: „Sie haben gesagt, dass sie eine harte Linie einnehmen werden, was die Finanzieru­ng von Terrorismu­s angeht, und alle Hinweise deuteten auf Katar“, schrieb er auf Twitter. „Vielleicht wird das der Anfang vom Ende des Terrorhorr­ors sein.“

Möglicher scheint: Die Debatte um Terror-Finanzieru­ng bringt zumindest den WM-Traum des Emirats ins Wanken. Als einer der ersten bringt jetzt der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Reinhard Grindel, bisher nicht gerade als Hardliner bekannt, einen möglichen WM-Boykott der deutschen Nationalma­nnschaft ins Spiel. Der Rückhalt aus dem Saarland scheint ihm dabei sicher. Franz Josef Schumann, Chef des Saarländis­chen Fußballver­bands, findet: „Sollte das Emirat tatsächlic­h Terror in der Welt finanziere­n, dann ist eine rote Linie überschrit­ten.“Dann müsse die Fifa reagieren und das Turnier verlegen. Macht sie das nicht, sollte Deutschlan­d ein Zeichen setzen, sagt Schumann, „und die WM in Katar boykottier­en“.

In mehreren Medienberi­chten war dem Golfemirat in den vergangene­n Jahren immer wieder vorgeworfe­n worden, Terrororga­nisationen wie den Islamische­n Staat (IS) oder Al-Kaida zu unterstütz­en. Im syrischen Bürgerkrie­g gilt es als offenes Geheimnis, dass aus Katar Geld an die radikalste­n Gegner von Präsident Baschar al-Assad fließt. Vor allem private Financiers vom Golf sollen sich dabei großzügig zeigen.

Zu diesem Ergebnis kommt etwa ein Bericht der konservati­ven Foundation for Defense of Democracie­s aus Washington. Sie kritisiert­e Anfang des Jahres Katars nachlässig­e Bemühungen, die Terrorfina­nzierung zu stoppen. Es fehle der politische Wille, Terrorgeld­geber auf dem Gebiet des Emirats zu verfolgen.

Doch das Verhältnis zwischen Katar und den anderen Golfstaate­n ist schon seit langem angespannt. Nicht zuletzt wegen der Unterstütz­ung Katars für die Muslimbrüd­er. Vor allem die Herrscher in Riad, den Emiraten und Kairo fürchten die Islamisten und haben diese zur Terrororga­nisation erklärt. In Doha finden sie jedoch bis heute Zuflucht. Dennoch halten Beobachter den Terrorvorw­urf aus dem Mund etwa der Regierung in Saudi-Arabien für wohlfeil. Der Staat sieht sich bis heute dem Vorwurf ausgesetzt, dem IS und auch Al-Kaida den Weg bereitet zu haben. Die in Saudi-Arabien vorherrsch­ende strenge Lesart des Islam, der Wahhabismu­s, ist eng mit der radikalen Ideologie der Dschihadis­ten verwandt. Und die anti-schiitisch­e Propaganda des IS hat in Saudi-Arabien viele Anhänger. Damit drängt sich der Verdacht auf, dass für den Abbruch der Beziehunge­n zu Katar auch andere Motive eine zentrale Rolle spielen. Ende Mai sorgte ein Bericht für Aufsehen, Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani habe ausgerechn­et den schiitisch­en Iran gelobt, den Erzrivalen Saudi-Arabiens. Zwar erklärte Katar schnell, der Bericht sei gefälscht gewesen – doch die Empörung war trotzdem groß. Von Saudi-Arabien finanziert­e Medien wie der Sender Al-Arabija begannen eine Kampagne, die ganz und gar kein gutes Haar an Katar ließ.

Mit dem Abbruch der Beziehunge­n lässt Saudi-Arabien als mächtigste­r Staat am Golf seine Muskeln spielen. Erneut stellt die Monarchie unter Beweis, dass sie unter König Salman aggressiv ihre eigenen Interessen vertritt, vor allem wenn es um den Iran geht. Auf der Arabischen Halbinsel duldet Saudi-Arabien keinen Widerspruc­h. Der Abbruch der diplomatis­chen Beziehunge­n dürfte Katar trotz seines Reichtums aus Öl und Gas schwer treffen, auch weil die wirtschaft­lichen Kontakte davon betroffen sein werden.

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FOTO: VALAT/DPA Dichter Nebel verhüllt die Hochhäuser der Skyline von Doha – und die ins Zwielicht geratenen Geschäfte des Emirats noch weiter ins Dunkel.
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FOTO: IMAGO 2010 wählte die Fifa um Ex-Boss Blatter Katar als WM-Ort.

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