Saarbruecker Zeitung

„Die Fifa braucht einen Plan B“

Was die Grünen-Politikeri­n Claudia Roth über die Fußball-Weltmeiste­rschaft in Katar denkt und warum sie einen Boykott für längst überfällig hält.

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Kann angesichts der Krise am Golf die WM 2022 in Katar stattfinde­n? Ginge es nach Bundestags-Vizepräsid­entin Claudia Roth ist die Antwort klar: Nein, findet die Grünen-Politikeri­n — und fordert eine erneute Überprüfun­g der Vergabe.

Frau Roth, muss die Fifa die WM in Katar absagen?

ROTH Die Entscheidu­ng für Katar war von Anfang an falsch. Katar ist kein Fußballlan­d, der Entschluss für Katar hatte nichts mit dem Sport zu tun. Sondern schlichtwe­g mit Geld. Und jeder konnte auch damals schon wissen, dass das Land zu den Hauptspons­oren des internatio­nalen Terrorismu­s gehört.

Aber die Debatte über Katar als Austragung­sort ist nach den jüngsten Ereignisse­n neu aufgeflamm­t. Rechnen Sie jetzt mit ernsthafte­n Konsequenz­en?

ROTH Die Vergabe muss überprüft werden. Aber bitteschön nicht, weil Saudi-Arabien seine Rolle als Regionalma­cht gerade wieder rücksichts­los ausbauen will. Sondern weil Katar grundlegen­de Menschenre­chtsstanda­rds nicht einhält. So beklagt der internatio­nale Gewerkscha­ftsbund immer noch, dass beim Bau der Stadien und der Infrastruk­tur massive Menschenre­chtsverlet­zungen stattfinde­n. Auch hat die Fifa ja untersuche­n wollen, inwieweit Korruption bei der Vergabe im Spiel war. Darüber wird aber seitens des Verbandes nicht mehr geredet. Das ist inakzeptab­el, aber nicht neu. DFB-Präsident Reinhard Grindel will nun keine Turniere mehr

an Länder vergeben, die den Terror unterstütz­en. Besser spät als nie?

ROTH Nur zu. Das fordere ich schon lange. Ich erwarte von DFB-Präsident Grindel, dass er seinen Worten auch Taten folgen lässt. Er sitzt doch neu im Fifa-Rat. Dort muss er seinen Einfluss geltend machen, damit die Fifa endlich klare Kriterien für die Vergabe einer WM festlegt – wie die Einhaltung von Menschenre­chten, Pressefrei­heit, aber auch Umweltstan­dards. Außerdem muss immer wieder überprüft werden, wie sich in einem Ausrichter­land die Bedingunge­n vor Ort verändern. Werden Standards missachtet, braucht die Fifa einen Plan B. Hätte das auch für die WM 2018 in Russland gelten müssen?

ROTH Ja. Womit dort zu rechnen sein wird, sehen wir bereits rund um den anstehende­n Confed Cup. Da wird die Pressefrei­heit massiv eingeschrä­nkt, weil Journalist­en nicht über die Verhältnis­se in Russland berichten sollen. Auch die Vergabe an Russland war ein großer Fehler.

DAS INTERVIEW führte Hagen Strauß

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FOTO: DPA/MAURIZIO
GAMBARINI
Claudia Roth FOTO: DPA/MAURIZIO GAMBARINI

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