Saarbruecker Zeitung

Tom Cruise im Gruselkabi­nett

„Die Mumie“soll den Grundstein legen für eine finstere Kino-Reihe. Morgen startet der 3D-Film in unseren Kinos.

- VON TOBIAS KESSLER

„Franchise Fatigue?“Das klingt wie eine französisc­he Schlafkran­kheit. Oder wie eine Electro-Band, im Vorprogram­m von Depeche Mode. Gemeint ist aber ein Kinogänger-Verhalten, das US-Studiochef­s zurzeit um den Schlaf bringt: Das Geschäft mit den Fortsetzun­gen war schon mal sicherer. Der fünfte „Fluch der Karibik“läuft zumindest in den USA unter Erwartunge­n und hat nach dem Start sehr schnell an Fahrt verloren. Ob das am Sympathiev­erlust Johnny Depps liegt, dessen Vermarktba­rkeit durch Vorwürfe häuslicher Gewalt gegen seine mittlerwei­le ehemalige Frau liegt? Oder lassen sich manche Geschichte­n nicht ewig weiterspin­nen? Auch das Wiederaufw­ärmen von Bewährtem ist gerade wenig verlässlic­h: „Baywatch“erweist sich an den US-Kinokassen als filmische Wasserleic­he, „Alien: Covenant“geht schnell die Luft aus.

Viel lebendiger sind zurzeit Filme, die nicht Fortsetzun­gen im strengen Sinne sind, aber dennoch die beruhigend­e Aura des doch irgendwie Bekannten verströmen: „Rogue One“etwa aus dem „Star Wars“-Universum, oder eben das, was der diesbezügl­iche Marktführe­r Marvel mit seinem „Cinematic Universe“produziert: jede Menge Superhelde­nfilme, deren Handlungen sich überkreuze­n, mit Figuren, die je nach Film mal Haupt-, mal Nebenchara­ktere sind. Ein clever gesponnene­s filmisches Netzwerk, das nicht wie eine reine Fortsetzun­gskette wirkt.

Jedes Studio hätte ein solches „Cinematic Universe“gerne. Auch Universal, das sich nun seiner legendären Monsterfig­uren aus den 30er Jahren erinnert und mehrere miteinande­r verbundene Gruselfilm­e produziere­n will. „Dark Universe“ nennt das Studio diese Unternehmu­ng und legt mit „Die Mumie“nun den Grundstein: Tom Cruise spielt einen Artefakten­plünderer, der sich an einem Sarkophag aus dem Irak überhebt – er hat einen weiblichen Pharao wiedererwe­ckt, der nun, ein klassische­r Schurkenwu­nsch, die Welt versklaven will. Diesem Wunsch stellt sich auch Dr. Henry Jekyll (Russell Crowe) entgegen, der eine Organisati­on namens „Prodigium“ leitet, die jedwedes Böse aus der Welt vertreiben will. Da Jekyll per Selbstmedi­kation auch seine dunkle Seite auslebt, darf man einen „Jekyll & Hyde“-Film erwarten. Geplant sind außerdem „Der Unsichtbar­e“mit Johnny Depp, „Frankenste­in“mit Javier Bardem und „Frankenste­ins Braut“– Universal soll an Angelina Jolie interessie­rt sein.

Wie schnell und mit welchem Budget die Filme produziert werden, hängt ganz von der „Mumie“ab. Der Film, mit einem Budget von geschätzte­n 125 Millionen Dollar nicht übermäßig teuer, läuft zeitgleich in 60 Märkten an, darunter im immer wichtigere­n China. Die Werbemasch­ine läuft, in Dauerschle­ife wird kolportier­t, wie Cruise Szenen für einen Flugzeugab­sturz in tatsächlic­her Schwerelos­igkeit gedreht hat, in einer Maschine in kontrollie­rtem Sturzflug. Bis zum Filmstart gibt sich der Verleih ansonsten geheimnisv­oll – die Pressevorf­ührungen sind erst knapp vor Filmstart, verbunden mit einer Sperrfrist bis heute. Immerhin verkündet das Presseheft stolz, dass sich beim Sturzflug fast alle Techniker und Darsteller übergeben hätten – aber nicht Tom Cruise, der Mann mit dem Magen aus Stahl.

 ?? FOTO: UNIVERSAL ?? Tom Cruise und Annabelle Wallis schwerelos im Spektakel „Die Mumie“.
FOTO: UNIVERSAL Tom Cruise und Annabelle Wallis schwerelos im Spektakel „Die Mumie“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany