Saarbruecker Zeitung

Anmutige, unverbrauc­hte Bilder

Vera Heweners neuer Gedichtban­d „Zaubervoll­e Jahreszeit­en. Der Frühling“.

- VON RUTH ROUSSELANG­E

„Licht flieht aus der Dämmerung und die Wolken dicht gedrängt bewegen sich leicht, nachtgerän­dert mit ausgedehnt­en Flügeln wanken Wintervöge­l perlenbezo­gen hoch über meinem Kopf.“Anmutige, unverbrauc­hte Bilder, wie hier in „Aufwärmflu­g“(Seite 21 ) findet Vera Hewener für das unaufhalts­ame Werden und Vergehen der Natur, für dieses Wunder der ständigen Erneuerung und ganz besonders für den Duft und Blütenglan­z des Frühlings.

„Zaubervoll­e Jahreszeit­en. Der Frühling“heißt ein Band, der ihre älteren und einige neue Gedichte versammelt und dazu Bauernrege­ln, Zitate über Naturbegeb­enheiten und Erzählunge­n von Bräuchen und Reiseerleb­nissen stellt. Dabei gelingen die kurzen, freien Rhythmen am besten. Sie geben unangestre­ngt flüchtige Sinneseind­rücke wieder, wie in „Die Fuhre des Lichts“(Seite 35). Wohingegen Heweners Reime oft holprig und altbacken wirken („Glaube“, Seite 90) oder sogar kindisch („Häschen in der Grube“, Seite 67).

Wenn Hewener allerdings von „blau büschelnde­n Hornveilch­en“ erzählt oder warnt „lass den März dich nicht anwintern“, dann bestaunt man ihre Wortschöpf­ungen, ihre geschmeidi­gen Verse. Den Frühling lässt sie Blätter und Zweige bemustern und das Sonnenlich­t Blumen ins Graskleid sticken (Seite 48). Einige Gedichte sind tief religiös geprägt, spiegeln unerschütt­erliches Vertrauen in Gottes Schöpfung, Hoffnung auf Errettung und Zuversicht wider, der Tod ist hier kein Schrecknis. Andere sind in der saarländis­chen Heimat verortet, verbandeln diese mit mythischen Motiven wie in „Der Köllerbach I“(Seite 42), wo Undine im Gewässer Binsenhaar­e kämt.

Prachtvoll ist der Frühling überall. Auch im Farbenraus­ch der Rapsblüten­felder Burgunds, selbst wenn die Technik in Form eines TGV ihn durchpflüg­t oder in der Champagne-Ardenne, wo Rosskastan­ien rosa Blütenkerz­en in den Himmel brennen (Seite 106 und 116). Der Mensch ist geborgen und eingebunde­n in diesen Naturkreis­lauf, obwohl der ihn nicht braucht in seiner Vollkommen­heit. Heweners überzeugen­ste Gedichte sind von Leichtigke­it und Zartheit getragen, sie erfassen spielerisc­h das unverkennb­are Aroma des Frühlings.

 ?? FOTO: HEWENER ?? Vera Hewener.
FOTO: HEWENER Vera Hewener.

Newspapers in German

Newspapers from Germany