Im Saarland steigt die Zahl der Islamisten
Die allermeisten Islamisten wollen nur bekehren. Gewaltbereit seien rund zehn Prozent, das meldet der saarländische Verfassungsschutz.
(noe/dpa) Die Zahl der Islamisten im Saarland ist im vergangenen Jahr gewachsen. 260 Menschen gehörten der islamistischen Szene an – 40 mehr als 2015. Das geht aus dem saarländischen Verfassungsschutzbericht hervor.
Der Großteil der Islamisten – 200 Personen – ist demnach dem Salafismus zuzurechnen, einer besonders radikalen Strömung, die den „unverfälschten Islam“verherrlicht. Hauptzentren der salafistischen Szene im Saarland sind dem Bericht zufolge Sulzbach, Merzig und Saarbrücken. Helmut Albert, Direktor des Landesamts für Verfassungsschutz, betonte gestern bei der Vorstellung des Berichts, dass die Mehrheit einen politischen Salafismus vertrete, der auf „Bekehrung statt Gewalt“setze. „Die ,etablierten’ Salafisten distanzieren sich von Al Qaida, der Terrormiliz Islamischer Staat und Gewalttaten“, sagte Albert. Dass aus dem Saarland als einzigem Bundesland bislang kein Islamist in das Gebiet des IS nach Syrien oder in den Irak ausgereist sei, wertete er als gutes Zeichen. Rund zehn Prozent der Salafisten im Saarland seien aber gewaltbereit.
Die Zahl der Straftaten mit islamistischem Hintergrund ist deutlich gestiegen – von einer Tat im Jahr 2015 auf neun 2016. Meist handelte es sich nach Angaben des Verfassungsschutzes um Gewaltdarstellungen und Bedrohungsdelikte. Der aufsehenerregendste Fall war der des Syrers Hassan A., der festgenommen worden war, weil er verdächtigt wurde, Sprengstoffanschläge in mehreren Großstädten geplant zu haben. Seit November 2015 gingen beim saarländischen Verfassungsschutz 270 Hinweise wegen Terrorverdachts ein. Der größte Teil habe sich dabei auf Flüchtlinge bezogen, sagte Albert. Die meisten Fälle erwiesen sich jedoch als haltlos. Rund 60 Fälle seien noch in Bearbeitung.
Bei einem Schlag gegen eine Propagandazelle von Islamisten sind indes in Deutschland, Spanien und Großbritannien sechs Verdächtige festgenommen worden. Die Gruppe habe den Dschihad verherrlichende Videos verbreitet und versucht, neue Rekruten für den IS anzuwerben. Unter anderem wurde ein 28-jähriger Spanier in Dortmund festgenommen.
Wie aus dem Verfassungsschutzbericht außerdem hervorgeht, ist 2016 im Saarland auch die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten auf ein neues Rekordhoch von 253 Fällen, darunter acht Gewalttaten, gestiegen. Bei den Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund konstatierten die saarländischen Behörden einen Zuwachs von knapp 60 Prozent – von 64 auf 101 Fälle. Dabei gehören die Täter laut Verfassungsschutz-Direktor Albert selten einer rechtsextremen Partei an, sondern sind Bürger aus der Mitte der Gesellschaft.
Die Zahl der Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund im Saarland ist auf ein neues Rekordhoch gestiegen. 253 Fälle verzeichnete der saarländische Verfassungsschutz im Jahr 2016 (Vorjahr: 226). Rund 80 Prozent davon sind Propagandadelikte und Volksverhetzung. 101 der 253 Fälle haben einen fremdenfeindlichen Hintergrund – eine Steigerung um fast 60 Prozent und mehrheitlich gegen Flüchtlinge gerichtet. In den meisten Fällen sind die Täter dem Verfassungsschutz vorher gar nicht bekannt, es sind Bürger aus der Mitte der Gesellschaft. Das rechte Gedankengut sei „weit in die Gesellschaft eingedrungen“, sagte Helmut Albert, Direktor des Verfassungsschutzes gestern bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2016. Die Flüchtlingskrise habe dabei wie ein Katalysator gewirkt.
Die rechtsextremistische Szene selbst hat keinen Zuwachs zu verzeichnen. Wie im Vorjahr gehörten auch 2016 rund 290 Personen der Szene an. Davon gelten 30 als gewaltbereit. Bei der NPD herrschte laut Albert nach dem gescheiterten Versuch, die Partei zu verbieten, „Euphorie“. Es sei ihr jedoch nicht gelungen, davon zu profitieren. Weder sei die Mitgliederzahl deutlich gewachsen noch habe sie bei der Landtagswahl gut abgeschnitten. Alberts Fazit: „Sie ist inhaltlich zerstritten und finanziell desaströs aufgestellt.“
Seit November 2016 beobachten die Verfassungsschützer auch die sogenannten „Reichsbürger“und „Selbstverwalter“. Sie lehnen die Bundesrepublik und ihre Rechtsordnung ab. Im Saarland sind den Behörden 110 bekannt, sechs davon besitzen legal eine Waffe. „Die Waffenbehörden sind informiert und sind auch schon dran“, sagte Albert. Organisiert sind die „Reichsbürger“nicht.
Die Zahl der Islamisten im Saarland ist indes gewachsen: von 220 Menschen 2015 auf 260 im Jahr 2016. Der Großteil – 200 Personen – wird dem Salafismus zugeordnet – einer besonders radikalen Strömung, die laut Verfassungsschutz als „einer der Wegbereiter des islamistischen Terrorismus“gilt. Allerdings, betonte Albert, seien nicht alle Salafisten gewaltbereit. Im Saarland seien fast alle beobachteten Personen Anhänger des politischen Salafismus, der, anders als der dschihadistische Salafismus, „auf Bekehrung statt Gewalt“setze, so Albert.
Mit der Muslimischen Gemeinde Saarland in Sulzbach ist hierzulande gar eine der einflussreichsten salafistischen Gemeinden des Südwestens Deutschlands angesiedelt. „Der Imam der Gemeinde spielt im südwestlichen Raum eine bedeutende Rolle“, sagte Albert. Derzeit ist die Gemeinde dabei, die alte Post in Sulzbach in ein Gebetshaus umzubauen. Das könnte laut Albert nach seiner Fertigstellung eine „Ausstrahlungswirkung weit über Sulzbach hinaus haben“.
Auch die Zahl islamistischer Straftaten ist gestiegen: von 1 auf 9. Der bekannteste Fall dürfte der von Hassan A. sein. Der Syrer war am Silvestermorgen in Saarbrücken-Burbach festgenommen worden, weil der dringende Verdacht bestand, dass der 37-Jährige Sprengstoffanschläge in mehreren Städten plante. Bislang ist das Saarland glücklicherweise von Anschlägen verschont geblieben. Was aber laut Innenminister Klaus Bouillon (CDU) nicht heißt, dass man sich zurücklehnen kann: „Die Situation ist alles andere als beruhigend.“Es gebe keinen Grund, Angst zu haben, Wachsamkeit sei aber umso mehr gefragt. „Deutschland steht im Fokus des islamistischen Terrorismus“, sagte er.
Die linksextremistische Szene hat leicht an Mitgliedern verloren (von 400 auf 380), was Albert zufolge einem „altersbedingten Mitgliederschwund der Deutschen Kommunistischen Partei“geschuldet ist. Inaktiv war die Szene aber bei weitem nicht. Vor allem die Innenministerkonferenzen, die 2016 im Saarland stattfanden, riefen die Linksextremen auf den Plan, die darin den Ausgangspunkt für eine „Ausweitung des staatlichen Überwachungsund Kontrollapparates“sehen, wie es im Verfassungsschutzbericht heißt. Auch den sogenannten Ausländerextremismus hat die Behörde im Blick, die größte Gruppierung ist die „Arbeiterpartei Kurdistans“(PKK). Die, so Albert, verfolge jedoch einen „Friedenskurs“, in der Hoffnung auf einen Zugang zur Politik.