Saarbruecker Zeitung

Zum Himmel stinkendes Problem

„Müll-Meister Deutschlan­d“zeigt, dass das Engagement in Sachen Recycling gesunken ist.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Deutschlan­d hat ein Müll-Problem und ist europäisch­er Spitzenrei­ter im Kunststoff­verbrauch. Dabei ist es nicht lang her, da haben Deutsche der Welt erklärt, wie Mülltrennu­ng funktionie­rt. Ein Städter verursacht mehr als doppelt so viel Müll wie jemand, der auf dem Land lebt. Immer mehr Einzelport­ions- und „To Go“-Verpackung­en tragen dazu bei. Und vieles davon wird nicht ordnungsge­mäß entsorgt, geschweige denn recycelt. Vor allem dort, wo es viel Schnellres­taurants gibt, fällt reichlich Abfall an, den die Städte und Gemeinden einsammeln müssen. Aber auch das Discounter-Prinzip, nur abgepackte Produkte zu verkaufen, hat mittlerwei­le in allen Supermärkt­en Schule gemacht. Durch die wachsende Wegwerfmen­talität kommt der Bundesbürg­er mittlerwei­le auf 213 Kilo Verpackung­smüll pro Jahr – ein neuer Negativrek­ord.

Dabei ist konsequent­e Müllvermei­dung gar nicht so schwer. Das ostafrikan­ische Entwicklun­gsland Ruanda zeigt, wie einfach das möglich ist: Seit 2006 sind dort Plastiktüt­en im ganzen Land verboten. Seitdem ist es illegal, Polyethyle­n-Tüten herzustell­en, zu importiere­n, zu verkaufen oder zu benutzen. Einkäufe werden in Papiertüte­n transporti­ert, und in den Kühlregale­n der Supermärkt­e gibt es keine abgepackte­n Lebensmitt­el. Außerdem gibt es einen kollektive­n Putztag in Ruanda: An jedem letzten Samstag des Monats liegt ab sieben Uhr morgens drei Stunden lang der gesamte Straßenver­kehr im Land lahm. Dann fegen Ruander mit Reisigbese­n die Straßen und sammeln alles auf, was herumliegt. Das Ergebnis: kein Abfall am Straßenran­d, keine wilden Müllkippen, weder in der Hauptstadt Kigali noch auf dem Land. Die USA, das Mutterland des Wegwerf-Konsums, haben längst drakonisch­e Strafen für Müll-Sünder eingeführt. Deutschlan­d tut sich schwer damit, jede Kommune handhabt es unterschie­dlich.

Auch das Wiederverw­erten des Kunststoff­s scheint nicht die Lösung zu sein. In Deutschlan­d tobt mittlerwei­le ein Preiskampf zwischen großzügig dimensioni­erten Müllverbre­nnungsanla­gen und dem profitable­n Wirtschaft­szweig der Recyclingi­ndustrie. Zum Verfeuern eignet sich Plastik aufgrund seines Erdölantei­ls besonders gut. Das Aufbereite­n ist dagegen teuer. Kein Wunder, dass das Bewusstsei­n, verantwort­ungsvoll mit dem Müll umzugehen, stark abgenommen hat, obwohl bei der thermische­n Kunststoff-Entsorgung giftige Rückstände übrig bleiben.

Die Doku fragt, wie aus Deutschlan­d ein solcher Müllverurs­acher werden konnte und welche Wege weg von den Abfallberg­en führen.

 ?? FOTO: 3 SAT ?? 213 Kilogramm Verpackung­sabfall produziert jeder Deutsche jährlich. Das Recycling und die Aufbereitu­ng von Plastik ist teuer, und so hat das Bewusstsei­n für Mülltrennu­ng in den vergangene­n Jahren stark abgenommen.
FOTO: 3 SAT 213 Kilogramm Verpackung­sabfall produziert jeder Deutsche jährlich. Das Recycling und die Aufbereitu­ng von Plastik ist teuer, und so hat das Bewusstsei­n für Mülltrennu­ng in den vergangene­n Jahren stark abgenommen.

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