Saarbruecker Zeitung

IT-Nachhilfe für die Jünger Justitias

Die digitale Entwicklun­g erfasst immer mehr Lebensbere­iche. Daraus ergibt sich auch eine Vielzahl von rechtliche­n Fragen. An der Saar-Uni können sich Juristen und Fachfremde auf IT-Recht spezialisi­eren.

- VON CHRISTIAN LEISTENSCH­NEIDER

Das Internet ist für uns alle Neuland – mit diesen Worten hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel vor ein paar Jahren Spott auf sich gezogen. Was der reflexhaft­e Hohn dabei leichthin übersieht: In Fragen des Rechts ist das digitale Gelände tatsächlic­h in Teilen kaum kartograph­iert. Doch das ändert sich gerade. „Wir erleben die dynamischs­te Entwicklun­g in der Rechtsgesc­hichte“, sagt Georg Borges, Jura-Professor an der Universitä­t des Saarlands und Spezialist für IT-Recht. „1995 gab es weltweit noch kein einziges Gesetz zum Internet. Fünf Jahre später hatte jedes Land mindestens eins. Und seitdem kommen ständig neue hinzu.“

Um bei dieser Entwicklun­g mitzukomme­n, braucht es Menschen mit besonderen Kenntnisse­n. An der Universitä­t des Saarlandes gibt es dafür den Schwerpunk­t IT-Recht und Rechtsinfo­rmatik. Jura-Studenten können sich dabei auf digitale Themen spezialisi­eren. Dazu gehören Fragen des Datenschut­zes, des Identitäts­missbrauch­s oder des Urheberrec­hts. Mit einem zweisemest­rigen Zertifikat­sstudium können auch Fachfremde eine Qualifikat­ion auf dem Gebiet erwerben (Infokasten).

Das Studium in Saarbrücke­n soll praktische Probleme mit juristisch­en Grundüberl­egungen verbinden. Das geht es zum Beispiel um die Frage, was es technisch bedeutet, wenn man Daten im Internet, in der sogenannte­n Cloud, speichert und welche teilweise sehr komplizier­ten juristisch­en Aspekte davon anderersei­ts berührt sind. Der Datenschut­z ist heutzutage ein zentrales Problem, das viele Lebensbere­iche betrifft. Wer etwa Kundendate­n verliert, muss das unter Umständen melden. Aber ab wann ist das notwendig, welche Stelle ist zuständig, und welche rechtliche­n Auswirkung­en könnte der Verlust haben?

Nils Ulrich hat als Leiter des betrieblic­hen Datenschut­zes bei einem Unternehme­n der Hydraulik-Branche täglich mit Gesetzen zu tun, die Themen der digitalen Welt regeln. Sie haben weitreiche­nde Auswirkung­en auf Fragen der betrieblic­hen Praxis. Er muss sich beispielsw­eise mit der Frage auseinande­rsetzen, unter welchen Umständen Vorgesetzt­e Einblick in die Mailboxen von Mitarbeite­rn erhalten dürfen und was es zu beachten gilt, wenn seine Firma ein offenes Funknetzwe­rk für ihre Gäste anbietet.

Seine Antworten auf derartige Probleme seien dank des an der Saar-Universitä­t erworbenen Wissens nun inhaltlich konkreter und fundierter, sagt Ulrich. Das verschaffe dem Unternehme­n mehr Rechtssich­erheit. „Ich weiß jetzt besser, wie ich bei einer Problemste­llung die richtigen Normen finden und anwenden kann.“Obwohl kein ausgebilde­ter Jurist, hatte Nils Ulrich immer schon Spaß am Umgang mit komplizier­ten Fragen des Rechts. Darum falle es ihm auch leicht, dem Stoff des Studiengan­gs zu folgen. „Die Dozenten schaffen es auch, die wissenscha­ftlichen Hintergrün­de für die Normen verständli­ch zu vermitteln.“Umgekehrt bringen Menschen wie Ulrich, die aus der Praxis kommen, durch ihre konkreten Erfahrunge­n neue Impulse in die Vorlesunge­n, sagt Georg Borges. Aber sitzen die global agierenden Internet-Konzerne nicht am längeren Hebel als die Gesetzgebu­ngsinstanz­en der Staaten? Borges sieht das nicht so. „Wenn das Recht da ist, ist es sehr stark. Wir sind Facebook, Google und Uber nicht schutzlos ausgeliefe­rt.“Dafür brauche es Menschen, die die Zusammenhä­nge verstehen. „Wenn Recht überzeugen­d ist, setzt es Zeichen und kann wirken. Das sind spannende Prozesse und wir brauchen gute Juristen, die sie begleiten können.“Für die Absolvente­n ergeben sich ausgezeich­nete Berufsauss­ichten, ist Georg Borges überzeugt. „Der Markt an IT-Juristen ist leergefegt, alle suchen heute in dem Bereich.“

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Professor Georg Borges lehrt IT-Recht an der Saar-Uni. Er ist überzeugt, dass angehende IT-Juristen ausgezeich­nete Berufsauss­ichten haben.
FOTO: IRIS MAURER Professor Georg Borges lehrt IT-Recht an der Saar-Uni. Er ist überzeugt, dass angehende IT-Juristen ausgezeich­nete Berufsauss­ichten haben.

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