Saarbruecker Zeitung

So fördert die Stadt Unternehme­n

Gewerbeflä­chen in einer Stadt sind nun mal nicht unbegrenzt. Die Politik muss entscheide­n, wie sie genutzt werden.

- VON JÖRG WINGERTSZA­HN

„Alle Städte haben das Problem, dass die Räume sich immer mehr verdichten. Dann stellt sich die Frage für die Politik: Was wollen wir? Mehr Grünfläche­n, mehr Arbeitsplä­tze oder sonstige Flächen zur andersweit­igen Nutzung? Die Aufgabe besteht darin, eine Stadt ausgewogen zu entwickeln, einen Interessen­ausgleich zu schaffen. Wir als Stadt bemühen uns dabei auch darum, möglichst vielen Firmen die Möglichkei­t zu geben, sich anzusiedel­n und zur Wertschöpf­ung beizutrage­n.“So umreißt Lothar Kuntz von der Landeshaup­tstadt sein Arbeitsgeb­iet. Kuntz ist der Leiter des Amtes für Wirtschaft­sförderung, Arbeitsmar­kt und grenzübers­chreitende Zusammenar­beit. Die Flächen in einer Stadt seien nun mal begrenzte Ressourcen, die man nicht unendlich verwenden könne, sagt Kuntz.

Derzeit gibt es seinen Angaben zufolge rund 600 Hektar Gewerbeflä­che in Saarbrücke­n, das entspricht einer Größe von rund 840 durchschni­ttlich großen Fußballfel­dern. Der überwiegen­de Teil sei vermarktet, nur zwei kleine Gebiete von einer Fläche zwischen 2000 und 4000 Quadratmet­ern seien noch zu vergeben, also eher eine marginale Größe. Eine Fläche liegt am Zollstock, wo es in Richtung Spichern geht. „In unserem Sprachgebr­auch das sogenannte Wechselstu­bengrundst­ück, weil dort früher eine Wechselstu­be stand“, sagt Kuntz. Das zweite Grundstück liege in Brebach-Fechingen, gegenüber der Verwaltung von Möbel Martin.

Daneben gebe es noch ein größeres Gewerbeare­al in Flughafenn­ähe, für das es bereits einen konkreten Kaufintere­ssen gibt. Und nicht zuletzt das Messegelän­de selbst, das die letzte große Flächenres­erve im Eigentum der Landeshaup­tstadt darstellt. Dieses Gelände, das durch seine unmittelba­re Autobahnnä­he eine besonderer Lagegunst besitzt, soll auch aufgrund seiner prominente­n Lage an einer stark frequentie­rten Einfallsac­hse nach Saarbrücke­n gewerblich wieder genutzt werden. 110 000 Arbeitnehm­er gebe es derzeit in Saarbrücke­n, dazu kämen 70 000 Pendler, davon allein rund 8000 aus Frankreich. Die rund 16 000 Betriebe in der Landeshaup­tstadt erbringen jährlich Gewerbeste­uereinnahm­en von rund 120 Millionen Euro.

Was vermarktet ist, ist nicht mehr in der Verantwort­ung der Stadt. Wie die Flächen genutzt werden, liege im Wesentlich­en in der Verantwort­ung der Eigentümer. Zwar könne die Stadt über baurechtli­che Vorgaben oder andere genehmigun­gsrechtlic­he Vorgaben die Nutzung steuern, diese Handlungsm­öglichkeit­en seien aber an vielen Stellen nicht gegeben und so könne die Stadt häufig nur an die Grundstück­seigentüme­r appelliere­n, Ihrer Eigentümer­verantwort­ung gerecht zu werden. „Die letzten großen Gewerbeflä­chen hat die Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g (GIU) erschlosse­n. Das gilt zum Beispiel für das Gelände der Saarterras­sen in Burbach. „Die GIU hat eine große Kompetenz erworben, solche Flächen zu sanieren und zu vermarkten“, sagt Kuntz. Im Jahr 2015 wurde dann dem Stadtrat der „Masterplan Gewerbe- und Industrief­lächenentw­icklung 2030 für die Landeshaup­tstadt“vorgelegt, der die künftige Wirtschaft­sentwicklu­ng steuern soll. „Ein entscheide­ndes Element für die Wirtschaft­sförderung ist die Flächenvor­sorge. Wenn es darauf ankommt, müssen Sie ja auch liefern können“, sagt Kuntz. Das sei ein schwierige­s Thema, weil aufgrund der Begrenzthe­it des Raumes verschiede­ne Interessen kollidiere­n. „Die Menschen, die die Woche über froh sind, einen Arbeitspla­tz vor der Haustür zu haben, wünschen sich am Wochenende dann vielleicht viele Grünfläche­n mit Spielplätz­en, um auszuspann­en.“Diese Wünsche unter einen Hut zu bringen werde immer schwierige­r. „Wir gehen derzeit davon aus, dass wir rund fünf Hektar Gewerbeflä­che pro Jahr brauchen“, sagt Kuntz. „Wir sind darauf angewiesen, die Flächen, die da sind, effektiv zu nutzen. Darum haben wir uns im Masterplan auch das ambitionie­rte Ziel gesetzt, eine Wiedernutz­ungsquote von 50 Prozent zu erreichen. Normal sind es eher 20 bis 30 Prozent.“Wiedernutz­ungsquote heißt, eine Fläche, die bisher gewerblich genutzt wurde, für einen neuen Zweck zu verwenden. Dass Saarbrücke­n mit solchen Fragen nicht allein ist, zeige ein Blick über die Grenze. Im Raum Saargemünd gebe es 100 Hektar Gewerbeflä­che, die noch zu haben sind. Aber aufgrund der Randlage fehle es an Investoren.

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Auf dem Becolin-Gelände in Saarbrücke­n soll eine Mischung aus Gewerbegeb­iet, Wohnungen und Büros entstehen. FOTO: BECKERBRED­EL
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FOTO: BECKER&BREDEL Erfolgreic­he Ansiedlung: das Verwaltung­sgebäude der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g am Eurobahnho­f.

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