Saarbruecker Zeitung

Politik fordert schärfere Abschiebep­raxis

Die tödliche MesserAtta­cke eines Flüchtling­s in Hamburg hat eine neuerliche Debatte über zu lasche Abschiebun­gen ausgelöst. Haben die Behörden der Hansestadt die Gefahr unterschät­zt?

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HAMBURG (dpa/kna) Nach der blutigen Messer-Attacke eines ausreisepf­lichtigen Asylbewerb­ers in Hamburg wird der Ruf nach einer schärferen Abschiebep­raxis erneut lauter. Der 26-Jährige war den Landesbehö­rden als Islamist bekannt, wurde aber als nicht unmittelba­r gefährlich eingestuft. CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer sagte, der „verfahrens­technische Teufelskre­is“müsse beendet werden. „Wenn eine Radikalisi­erung bekannt ist, müssen solche Personen aus dem Verkehr gezogen und festgesetz­t werden, bevor sie Taten begehen.“Der SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka erklärte: „Auch wenn die konkreten Umstände noch unklar sind, stellt sich die Frage, warum der Mann nicht in Abschiebeh­aft saß.“

Die Integratio­nsbeauftra­gte der Unionsfrak­tion im Bundestag, Cemile Giousouf (CDU), erhob in diesem Zusammenha­ng schwere Vorwürfe gegen Hamburgs Ersten Bürgermeis­ter Olaf Scholz (SPD). Es sei nicht nachvollzi­ehbar, „warum ein Radikalisi­erter, der sich im Ausreiseve­rfahren befindet und dessen Umfeld die Polizei warnt, nicht in Abschiebeh­aft genommen wurde“, sagte sie gestern.

Der Palästinen­ser, der in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten geboren wurde, hatte am Freitagnac­hmittag in einem Supermarkt im Hamburger Stadtteil Barmbek unvermitte­lt auf umstehende Menschen eingestoch­en. Dabei wurden ein 50-jähriger Mann getötet und sieben weitere Personen verletzt. Der Täter handelte möglicherw­eise spontan. Laut Polizei nahm er erst im Supermarkt ein Messer und riss es aus der Verpackung. Den Ermittlern zufolge gab es zunächst keine Hinweise auf Hintermänn­er oder ein Unterstütz­er-Netzwerk.

Der Palästinen­ser war 2015 als Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen. Zuvor war er in Norwegen, Schweden und Spanien. Er befand sich bereits im Ausreiseve­rfahren. Er hatte gegen seinen negativen Asylbesche­id keine Rechtsmitt­el eingelegt und auch bei der Organisati­on von Passersatz­papieren mitgewirkt.

Erst Samstag ist in Deutschlan­d ein Gesetz zur besseren Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht in Kraft getreten. Danach können Ausreisepf­lichtige, von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben oder die innere Sicherheit ausgeht, einfacher in Abschiebeh­aft genommen oder überwacht werden. Sogenannte­n Gefährdern kann eine elektronis­che Fußfessel angelegt werden. Zudem kann der Bewegungss­pielraum dieser Ausreisepf­lichtigen eingeengt werden. Hamburgs Innensenat­or Andy Grote (SPD) sagte, es müsse geprüft werden, ob die Behörden allen Hinweisen auf eine mögliche Gefährlich­keit des Täters angemessen nachgegang­en sind.

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FOTO: DPA CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer

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