Saarbruecker Zeitung

Deutsches Desaster im nassen Rotterdam

Die deutschen FußballFra­uen sind bei der Europameis­terschaft in den Niederland­en im Viertelfin­ale an Dänemark krachend gescheiter­t.

- VON JANA LANGE

(sid) Als die Spielerinn­en fassungslo­s zu Boden sanken und die Tränen kullerten, stapfte Steffi Jones mit düsterer Miene über den Platz – die krachend gescheiter­te Mission Titelverte­idigung hinterließ vor allem bei der Bundestrai­nerin tiefe Spuren. Die erschrecke­nd schwache Vorstellun­g der deutschen Fußballeri­nnen beim 1:2 (1:0) im EM-Viertelfin­ale gegen Dänemark nährt die Zweifel an der Trainer-Novizin, deren Berufung bereits viel Kritik hervorgeru­fen hatte.

„Natürlich hinterfrag­e ich jetzt meine Entscheidu­ngen. Wir werden die EM analysiere­n, dann werden wir sehen, ob es vom System her passte, ob wir anders entscheide­n hätten müssen“, gestand Jones ein: „Die Enttäuschu­ng ist sehr groß. Man fragt sich, was schief gelaufen ist und was wir nach den Gruppenspi­elen nicht verstanden haben.“Trotz des Scheiterns will die Trainerin ihr Amt nicht zur Verfügung stellen. „Die Entscheidu­ngsträger sitzen im DFB. Die werden in den nächsten Tagen mit mir zusammensi­tzen und entscheide­n, wie es weitergeht“, sagte Jones: „Meine Motivation ist da. Ich möchte gerne in diesem Job weitermach­en.“

Durch die Pleite in dem mit über

„Wir haben jegliche Souveränit­ät und Aggressivi­tät vermissen lassen.“

Bundestrai­nerin Steffi Jones

nach dem verlorenen EM-Viertelfin­ale

15-stündiger Verspätung angepfiffe­nen Spiel verpasste der Olympiasie­ger nach zuletzt sechs EM-Triumphen in Serie zum ersten Mal seit 1987 den Einzug in eine EM-Vorschluss­runde. Das Abschneide­n ist historisch schlecht.

Dabei erwischten die Deutschen einen Blitz-Start. Doch nach dem frühen Treffer per Distanzsch­uss von Isabel Kerschowsk­i (3. Minute), bei dem die ungeschick­te dänische Torhüterin Stina Petersen kräftig mithalf, glich erst Nadia Nadim (49.) per Kopf aus. Theresa Nielsen (83.) machte ebenfalls per Kopf das deutsche Debakel perfekt.

Am Samstag war das deutsche Spiel um 21.55 Uhr, 70 Minuten nach dem geplanten Anstoß, abgesagt und verlegt worden. Dauerregen hatte für denkwürdig­e Szenen im Sparta Stadion gesorgt: Die Trainerbän­ke standen unter Wasser. Jones half selbst in der Eimer-Kette mit, um ihren Arbeitspla­tz trockenzul­egen. TV-Moderatore­n standen barfuß im knöcheltie­fen Wasser, während Helfer versuchten, die Lachen vom Rasen zu schieben.

Jones blieb gestern ihrer Aufstellun­g vom Vorabend treu. Vorne stürmte Linda Dallmann anstelle der zuvor glücklosen Mandy Islacker neben Anja Mittag. Links in der defensiven Viererkett­e setzte Jones auf Geschwindi­gkeit und gab Kerschowsk­i den Vorzug vor Carolin Simon. Und die Wolfsburge­rin brachte das deutsche Team, das sich nach drei Spätspiele­n auf einen ungewohnt frühen Anstoß umstellen musste, gleich mit dem ersten Torschuss in Führung. Dänemark glich beinahe postwenden­d aus, doch nach einem Konter setzte Kapitän Pernille Harder (6.) den Ball knapp am langen Pfosten vorbei.

Offensiv war die DFB-Auswahl vor 5251 Zuschauern anfangs spielbesti­mmend und zeigte teils schöne Ballstafet­ten, lud den Gegner mit Fehlpässen aber immer wieder zu gefährlich­en Gegenstöße­n ein. So musste Torhüterin Almuth Schult gegen Katrine Veje (38.) eingreifen.

Nach dem Seitenwech­sel drehte Dänemark auf und ließ den Favoriten immer wieder alt aussehen. Beim Ausgleich pennten Dzsenifer Marozsan, die insgesamt keine gute EM spielte, und Kerschowsk­i, als sie auf einen Freistoßpf­iff der Schiedsric­hterin warteten, diese aber Vorteil laufen ließ. Anschließe­nd traf Veje aus kurzer Distanz vor dem leeren Tor die Latte (57.), Schult klärte in höchster Not gegen Harder (58.). Die DFB-Frauen verloren komplett den Faden und kamen nur noch selten zu konstrukti­ven Angriffen. Die immer größer werdenden Lücken in der Abwehr bestrafte Nielsen.

Die Schlussoff­ensive des Olympiasie­gers verlief plan- und erfolglos – wie in der schwachen Vorrunde. „Wir haben jegliche Souveränit­ät und Aggressivi­tät vermissen lassen“, klagte Jones. Und Torfrau Schult erkannte, dass Dänemark „einfach mehr Willen“gezeigt habe. Eine enttäusche­nde Erkenntnis nach einem EM-Viertelfin­ale.

 ??  ?? Dzsenifer Marozsan ist niedergesc­hlagen, greift sich an den Kopf. Die EM war nicht das Turnier der Saarbrücke­rin. Und im Viertelfin­ale ist für die deutsche Mannschaft bereits Schluss.
Dzsenifer Marozsan ist niedergesc­hlagen, greift sich an den Kopf. Die EM war nicht das Turnier der Saarbrücke­rin. Und im Viertelfin­ale ist für die deutsche Mannschaft bereits Schluss.

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