Eine WM der Missverständnisse
Die deutschen Schwimmer präsentieren sich in Budapest bis auf wenige Ausnahmen sehr mäßig.
(dpa) Es passte ins Bild dieser Schwimm-WM in Budapest, dass nicht einmal Retterin Franziska Hentke ein Happy End vergönnt war. Als die Vize-Weltmeisterin nach der einzigen Siegerehrung mit deutscher Beteiligung vom Podium stieg, verpasste sie die letzte Treppenstufe und zog sich eine schmerzhafte Bänderdehnung zu.
Hentke war der mit Abstand größte deutsche Lichtblick einer von Missverständnissen und Missstimmung geprägten WM für den DSV. Mit ihrem zweiten Platz über 200 Meter Schmetterling hatte die 28-Jährige verhindert, dass der Deutsche Schwimm-Verband (DSV ) nach zwei Nullnummern in Folge bei Olympia auch die erste WM ohne Medaille der Beckenschwimmer erlebte. Die Bilanz bleibt deprimierend: Bei 25 Starts an acht Wettkampftagen war der DVS in nur fünf Endläufen vertreten. Niemand außer Hentke war besser als Siebter, die einzigen deutschen Rekorde stammen von Aliena Schmidtke über 50 Meter Schmetterling – einer nicht-olympischen Disziplin. Von den drei Staffeln, die alle das Finale erreichen sollten, schaffte es nur eine – als Nachrücker wegen einer Disqualifikation.
Chefbundestrainer Henning Lambertz rückte aufgrund des ausgebliebenen Aufschwungs, seines neuen Trainingskonzepts und angeblicher Kommunikationsprobleme in den vergangenen Tagen vermehrt ins Zentrum der Kritik. Das Abschneiden in Budapest wertete Lambertz überraschend positiv. „Manches ist nicht optimal gelaufen, aber insgesamt macht uns das Auftreten hier Mut für die Zukunft“, sagte er. Dass sich der Rückstand zur Weltspitze seit dem Olympia-Debakel von Rio nicht verringert hat, gestand Lambertz aber ein. „So richtig rangerückt sind wir noch nicht“, sagte er, „aber das ist normal und logisch.“Auf die Nachfrage, ob er seinen Führungsstil überdenken müsse, antwortete Lambertz: „Mein Team bestätigt mir jeden Tag ein wahnsinnig harmonisches, kommunikatives und freundliches Miteinander. Ich glaube nicht, dass mich alle anlügen.“Viel lieber stellte er die guten Leistungen von Schmidtke, des WM-Siebten Florian Wellbrock oder der 16 Jahre alten WM-Debütantin Celine Rieder aus Saarbrücken heraus. Diese hätten sich „fantastisch präsentiert“.
Philip Heintz hatte dem Bundestrainer nach seinem enttäuschenden siebten Platz über 200 Meter Lagen falsche Trainingsgestaltung und mangelndes Vertrauen vorgeworfen. Kurz darauf kam an die Öffentlichkeit, dass im Frühjahr 20 Schwimmer ein Schreiben an DSV-Präsidentin Gabi Dörries unterzeichneten, in dem unter anderem Kritik an den Rahmenbedingungen und am Führungsstil geäußert wurde. Dass die Freiwasserschwimmer zum ersten Mal bei einer WM leer ausgingen, rundete das Bild ab. Als Lichtblick für den DSV blieb Wasserspringer Patrick Hausding, der Silber vom Dreier und Bronze mit Sascha Klein vom Zehn-Meter-Turm gewann.
Aus internationaler Sicht der Titelkämpfe stellte US-Jungstar Caeleb Dressel alle in den Schatten. Der 20-Jährige gewann sieben Goldmedaillen – am Samstagabend sogar drei Titel in nur 80 Minuten. Das hat vor ihm in der WM-Geschichte noch kein Schwimmer geschafft.