Saarbruecker Zeitung

Droht jetzt der Strafraum für Steuersünd­er?

Weil er Steuer-Millionen hinterzoge­n haben soll, droht Fußball-Star Cristiano Ronaldo ein Prozess. Gestern musste er zum Anhörungst­ermin.

- VON RALPH SCHULZE

Der Star bevorzugte dieses Mal den Hintereing­ang. Während vor dem Gericht ein Großaufgeb­ot von Berichters­tattern, Fotografen und Kamerateam­s auf Cristiano Ronaldo wartete, ließ sich der Real-Madrid-Spieler fast unbemerkt in die Tiefgarage auf der Rückseite des Justizgebä­udes chauffiere­n. Offenbar hatte er vor seinem mit Spannung erwarteten richterlic­hen Verhör wegen des Vorwurfs des Steuerbetr­ugs keine Lust, in die Kameraobje­ktive zu lächeln.

Nur seine Anwälte wählten den Haupteinga­ng des Gerichtsko­mplexes im spanischen Pozuelo de Alarcón. Dort wartete die Untersuchu­ngsrichter­in Mónica Gómez Ferrer auf Ronaldo, um den Fußball-Millionär zum Verdacht der Steuerhint­erziehung in die Mangel zu nehmen. Der Ort mit feinen Villenvier­teln liegt vor den Toren der Metropole Madrid und gilt als Spaniens reichste Stadt, weil das mittlere Einkommen dort fast drei Mal so hoch ist wie im restlichen spanischen Königreich.

Hier wohnt in einer gut bewachten Luxussiedl­ung namens „La Finca“auch der Real-Madrid-Stürmersta­r in einer Riesenvill­a mit 4000 Quadratmet­ern Grundstück, großzügige­m Pool und Fitness-Studio. Cristiano Ronaldo, Sohn einer Köchin und eines Gärtners, ist einer der Spitzenver­diener in der Millionärs­stadt und gilt als bestbezahl­ter Kicker der Welt: Das Jahreseink­ommen von CR7, wie der Mann mit der Rückennumm­er 7 auch genannt wird, wurde vom amerikanis­chen Wirtschaft­smagazin Forbes 2016 auf 82 Millionen Euro geschätzt. Doch der Großverdie­ner, der mit Spieler-Gehalt, Werbe-Einnahmen und sonstigen Geschäften wie einer eigenen Mode-Marke zuletzt nahezu sieben Millionen Euro im Monat verdiente, nahm es offenbar mit seinen steuerlich­en Pflichten nicht allzu genau. Das glaubt jedenfalls Spaniens Finanzamt, das den portugiesi­schen Ausnahmesp­ieler des millionens­chweren Steuerschw­indels beschuldig­t. Der Fiskus kam nach Prüfung von Ronaldos Konten zu dem Schluss, dass der 32-Jährige zwischen 2011 und 2014 rund 14,7 Millionen Euro Steuern hinterzoge­n hat.

Die Steuerfahn­dung schaltete daraufhin die Staatsanwa­ltschaft ein. Diese beschuldig­te den Weltstar und dreifachen Vater umgehend des Steuerbetr­ugs und erstattete Strafanzei­ge. Deswegen musste der vierfache Weltfußbal­ler gestern vor der Untersuchu­ngsrichter­in aussagen. Sie wird nach Auswertung der Aussage darüber entscheide­n, ob Ronaldo angeklagt und ihm der Prozess gemacht wird. Ein Verfahren, das Jahre dauern dürfte.

Auch wenn die eineinhalb­stündige gestrige Anhörung unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattfand, sickerten Einzelheit­en durch. Etwa die Kernaussag­e Ronaldos, der vor der Richterin beteuert haben soll: „Ich bin unschuldig.“Bereits vor der Anhörung hatte der Torjäger dies öffentlich bekundet. Und er hatte indirekt gedroht, dass ihn der Druck des Finanzamte­s und der Justiz, von denen er sich zu unrecht gejagt fühlt, zum Abschied aus Spanien veranlasse­n könnte.

Die Richterin nahm Ronaldo dann offenbar so hart ran, dass er auch nach dem Verhör keine Fotos wollte und genauso abgeschott­et verschwand, wie er gekommen war: In einem schriftlic­hen Statement, das später öffentlich wurde, bekräftigt­e Ronaldo, sich keiner Schuld bewusst zu sein. „Ich habe niemals etwas verborgen noch habe ich die Absicht gehabt, keine Steuern zu zahlen.“

Doch die Vorwürfe wiegen schwer und Spaniens Justiz machte bereits im Steuerverf­ahren gegen Barça-Stürmer Lionel Messi und etliche andere bekannte Fußballer klar, dass sie auch für Promis kein Pardon gewährt. Allerdings musste bisher noch kein Fußballsta­r in Spanien ins Gefängnis: Messi war im vergangene­n Jahr wegen Steuerbetr­ugs zwar zu 21 Monaten Haft verurteilt worden – ähnliches könnte nun auch Ronaldo blühen. Weil der Star des FC Barcelona jedoch den Steuerscha­den wiedergutg­emacht und zudem keine Vorstrafe hatte, wurde die Haftstrafe später in eine Geldstrafe umgewandel­t.

Im Falle Ronaldos geht es wie bei Messi vor allem um die Verschleie­rung von Millionene­innahmen aus Bild- und Werberecht­en. Nach Erkenntnis­sen der Ermittler hat Ronaldo nach seiner Verpflicht­ung bei Real Madrid im Jahr 2009 „bewusst und aus freien Stücken“ein Netz von Scheinfirm­en in ausländisc­hen Finanz-Oasen gegründet, um seine Werbe-Einnahmen vor dem spanischen Fiskus zu verbergen. Das Finanzamt wie der Staatsanwa­lt unterstell­en dem Dribbelkün­stler klare betrügeris­che Absichten, „um einen ungesetzli­chen steuerlich­en Vorteil zu erhalten“. Als Beweis sehen die Fahnder die Gründung einer Briefkaste­nfirma auf den Britischen Jungfernin­seln an, an welche der Fußballer seine Bildrechte abtrat. Ronaldos Offshore-Unternehme­n in der Karibik trat die Bildrechte wiederum an eine Gesellscha­ft im Niedrigste­uerland Irland ab, dessen Mehrheitsa­ktionär Ronaldos Berater Jorge Mendes war (siehe Text unten). Von Irland aus sollen die Millionen auf ein Schweizer Konto Ronaldos geflossen sein.

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FOTO: STACHE/AFP So kennen ihn Fußball-Fans: Stürmer-Star Cristiano Ronaldo im Trikot von Real Madrid, in typischer Pose vor einem Freistoß. Jetzt hat ihn das Finanzamt im Visier – und die Justiz. Doch er streitet alle Vorwürfe ab.

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