Saarbruecker Zeitung

Die Sportwelt blickt gebannt auf Russen und Kenianer

Thema Doping steht auch vor WM in London im Fokus.

- Produktion dieser Seite: Kai Klankert Mark Weishaupt

(sid) Keine Hymne, keine Flagge – kein Problem: Kurz vor den Weltmeiste­rschaften ist die Sperre gegen Russlands Leichtathl­etik-Verband bestätigt worden. Die Titelkämpf­e in London werden wohl dennoch zur großen Rückkehr der Doping-Nation – auch wenn dies weitgehend unbemerkt über die Bühne geht. „Wir haben Fortschrit­te erkannt“, sagt Sebastian Coe, Präsident des Weltverban­des IAAF, über die Causa Russland: „In London sind 19 Russen am Start, die unter neutraler Flagge teilnehmen, weil sie die Anforderun­gen im Antidoping­programm erfüllt haben. Wir sind zuversicht­lich, dass die Systeme stimmen und auch die neue Führung in Russland korrekt arbeitet.“

Im Herbst 2015 war der russische Verband wegen flächendec­kenden Betruges auf die stille Treppe der Leichtathl­etik gesetzt worden. Bei Olympia 2012 waren unter 53 russischen Finalisten 29 Dopingsünd­er. Nachtests sowie der McLaren-Report enthüllten das gesamte Ausmaß der Verseuchun­g im staatlich gelenkten System. In Russland hat durchaus ein Umdenken stattgefun­den, attestiert die IAAF-Taskforce (Einsatzgru­ppe), die einen breiten Maßnahmenk­atalog auferlegte. „Die Russen haben Riesen-Fortschrit­te gemacht“, sagt Taskforce-Chef Rune Andersen: „Aber es gibt noch Probleme, die zu lösen sind.“Schließlic­h erkennt Russlands (Sport-)Politik den entlarvend­en Bericht des Wada-Sonderermi­ttlers Richard McLaren nicht an.

Mit dem Status quo kann Russland allerdings gut leben: Wie auch immer die Verpackung der betreffend­en 19 Sportler in London aussieht, es stecken immer noch russische Athleten drin. Die Athleten reisen als neutrales Team an und werden weitgehend von Nationaltr­ainer Juri Borsakowsk­i angeleitet. Dieses „Nicht-Team“dürfte in London keineswegs leer ausgehen: Hochspring­erin Maria Lasitskene, in Peking unter ihrem Mädchennam­en Kutschina bereits Weltmeiste­rin, wird kaum zu schlagen sein. Mit Hürdenspri­nter Sergej Schubenkow ist ein weiterer Peking-Sieger dabei, mit Weitspring­er Alexander Menkow gar ein Weltmeiste­r von Moskau 2013, als die Russen bei ihren Heimspiele­n noch maßlos betrogen.

Kein Problem, sagt Coe, schließlic­h würden die zuletzt in erstaunlic­her Anzahl von der IAAF mit Sondergene­hmigungen ausgestatt­eten Russen unter Aufsicht der britischen Dopingfahn­der kontrollie­rt. Und überhaupt: „Russland ist nicht das einzige Land, in dem gedopt wurde.“Coe muss sich also nicht nur darum sorgen, dass einer der 19 neutralen Athleten aus Russland in London dopend erwischt wird. Auch die kaum besser beleumunde­ten Kenianer sind wieder ins Zwielicht geraten. ZDF-Recherchen zufolge ließen sich in der afrikanisc­hen Läufernati­on Kontrollin­stanzen mit wenig Geld schmieren, um positive Tests zu tilgen. 2015 war Kenia die Nummer eins im WM-Medaillens­piegel – 40 aktenkundi­ge Dopingfäll­e seit 2012 sind ebenfalls rekordverd­ächtig.

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