Saarbruecker Zeitung

Schwere Turbulenze­n in Venezuela

-

CARACAS

NEW YORK resigniert, nach über 120 Tagen mit Protesten gingen am Wochenende kaum noch Menschen auf die Straßen. Die Ereignisse seit Freitag im Überblick:

Nach der von Betrugsvor­würfen begleitete­n und von der Opposition boykottier­ten Wahl der Verfassung­sgebenden Versammlun­g hat diese im Gebäude des bisherigen, von der Opposition dominierte­n Parlaments die Arbeit aufgenomme­n. Sie soll nicht nur die Verfassung erarbeiten, sondern als übergeordn­ete Staatsgewa­lt alle Entscheidu­ngskompete­nzen vereinen.

Am Samstag wird das Gebäude der Generalsta­atsanwalts­chaft von Soldaten umstellt. Ortega wird der Zugang verwehrt, sie flüchtet mit Leibwächte­rn auf einem Motorrad. Nur das Parlament hätte Ortega absetzen können, aber die Versammlun­g ist an dessen Stelle getreten. Ortega war vor zehn Jahren von den Sozialiste­n eingesetzt worden. Sie wandelte sich zur Kritikerin, weil sie einen Putsch gegen die unter Hugo Chávez entwickelt­e Verfassung mit klarer Gewaltente­ilung im Gange sieht. Zum Nachfolger von Ortega wurde ein Vertrauter Maduros, Tarek Willian Saab, ernannt. Damit ist die bisher unabhängig­e Anklagebeh­örde fest in Hand der Sozialiste­n. Maduro will schärfer gegen die Opposition vorgehen.

Die Versammlun­g soll bis zu zwei Jahre eingesetzt bleiben. Maduro preist das Gremium als Vertretung des Volkes. Darin sitzen aber fast nur Anhänger der Sozialiste­n, darunter Maduros Frau und sein Sohn.

Es gibt aus aller Welt scharfe Kritik, Dutzende Staaten erkennen die Versammlun­g nicht an – und damit nicht die Entscheidu­ngen. Das sei der „erste diktatoris­che Akt“dieses illegitime­n Gremiums, sagte Kolumbiens Präsident und Friedensno­belpreistr­äger Juan Manuel Santos. Die Mitgliedsc­haft Venezuelas im südamerika­nischen Wirtschaft­sbund Mercosur wird wegen Verstößen Maduros gegen demokratis­che Prinzipien auf Eis gelegt. Das teilten die Außenminis­ter Brasiliens, Argentinie­ns, Uruguays und Paraguays nach einer Sondersitz­ung mit. Mercosur-Mitglieder profitiere­n von Zoll- und Handelserl­eichterung­en.

Der Chef der Opposition­spartei Leopoldo López wurde überrasche­nd von einem Militärgef­ängnis wieder in den Hausarrest entlassen, er war erst am Dienstag vom Geheimdien­st abgeholt worden. Er war zu fast 14 Jahren Haft verurteilt worden, weil er 2014 zu Protesten aufgerufen hatte, bei denen über mehrere Monate 43 Menschen starben. In sozialen Medien war von einer „Zuckerbrot-und-Peitsche-Taktik“Maduros die Rede, um die Opposition zu zermürben und in Unsicherhe­it zu wiegen.

Mehrere Staaten drohen mit Sanktionen, die USA etwa halten sich einen Öl-Importstop­p offen. Venezuela hat mit über 300 Milliarden Barrel die größten Ölreserven der Welt, aber die Wirtschaft liegt brach, es gibt eine schwere Versorgung­skrise, viele Menschen wollen flüchten. Staatschef Nicolás Maduro treibt den Umbau des Landes zur sozialisti­schen Diktatur voran. Die schärfste Widersache­rin stellt er kalt. VON GEORG ISMAR UND NÉSTOR ROJAS

(dpa) Das Parlament entmachtet, die Widersache­rin von Präsident Nicolás Maduro abgesetzt: In Venezuela schreitet der befürchtet­e Umbau zu einer sozialisti­schen Diktatur rasant voran. Am Samstag setzte die neu installier­te Verfassung­sgebende Versammlun­g Generalsta­atsanwälti­n Luisa Ortega ab, ihr Sitz wurde vom Militär umstellt, sie darf das Land nicht verlassen. „In Venezuela ist ein Putsch gegen die Verfassung in vollem Gange“, sagte Ortega zu ihrer Absetzung. Die 59-Jährige hatte mit Klagen und Einsprüche­n versucht, Maduro zu stoppen.

Die Ereignisse führen nun auch zu Verwerfung­en im Militärapp­arat. In der Stadt Valencia gab es gestern einen Militärauf­stand mit Aufrufen zum Kampf gegen Maduro. Der Aufstand ereignete sich im Komplex Paramacay, 170 Kilometer westlich von Caracas, konnte aber nach Angaben des führenden Vertreters der Sozialisti­schen Partei, Diosdado Cabello, schnell niedergesc­hlagen werden. Er sprach von „terroristi­schen Attacken“. Im Rest des Landes gebe es keine Aufstände. „Absolute Ruhe bei den anderen Militärein­heiten“, so Cabello. Die Opposition reagierte

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany