Jojo und seine Kumpels wollen alles
Die deutschen Speerwerfer um den Weltjahresbesten Johannes Vetter müssen heute bei der WM in die Qualifikation.
„Jojo ist mit Abstand der Stärkste und Geschmeidigste.“
Speerwurf-Bundestrainer Boris Obergföll über seinen Schützling Johannes Vetter
LONDON (sid) Johannes Vetter: 94,44 Meter, Nummer eins der Welt. Thomas Röhler: 93,90 Meter, Nummer zwei der Welt. Andreas Hofmann: 88,79 Meter, Nummer drei der Welt. Die deutsche Speerwurf-Boygroup rockt die Leichtathletik. Und natürlich will das starke Trio auch bei der WM in London ganz oben stehen.
„Wir hätten nichts dagegen, alle drei Medaillen zu holen“, sagt Olympiasieger Röhler vor der Qualifikation (heute um 20.05 Uhr/ZDF und Eurosport) und grinste. Ein solcher Speerwurf-„Sweep“, also Gold, Silber und Bronze abzuräumen, ist bei einer Weltmeisterschaft noch keinem Land gelungen. Doch Vetter, Röhler und Hofmann bietet sich nun diese historisch vielleicht einmalige Chance. Und ganz nebenbei würden die Weitenjäger auch die bisher maue Bilanz des deutschen Teams in London aufhübschen.
Das Speerwurf-Team strotzt nach einer bisher so herausragenden Saison jedenfalls nur so vor Selbstvertrauen. „Wir wollen gewaltig vorne mitmischen und die Konkurrenz hinter uns lassen, das ist unser Anspruch“, sagt Bundestrainer Boris Obergföll (früher Henry), der früher selbst über 90 Meter warf, mit Blick auf das Finale am kommenden Samstag (21.15 Uhr/ZDF und Eurosport). Doch besonders Röhler und Vetter sind jetzt noch einmal um mindestens eine Klasse besser. Die heutige Generation sei „außergewöhnlich“, sagt Obergföll, selbst zwei Mal mit WM-Bronze dekoriert: „Und das erschreckt dann auch schon die anderen Nationen in der Welt.“
Röhler wurde in Rio de Janeiro Olympiasieger und steigerte im Mai den deutschen Rekord auf 93,90 Meter. Vetter, der als Vierter am Zuckerhut Bronze nur um sechs Zentimeter verpasste, legte dann vor der WM noch einmal einen drauf – 94,44 Meter in Luzern. Und der Hunger ist noch lange nicht gestillt. „Ich bin nicht der Typ, der sich auf Erfolgen ausruht. Die spornen mich eher noch mehr an“, sagt der 24-jährige gebürtige Dresdner, den alle nur „Jojo“nennen und der in der Saison 2015 für den SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken startete.
Für Röhler ist das große deutsche Erfolgsgeheimnis relativ schnell erklärt – alle Werfer seien eben Top-Talente und bilden ein echtes Team. „Die Expertise wird in einen riesengroßen Topf geworfen und fair geteilt“, sagt der Jenaer, der als Technik-Tüftler gilt und auch schon einmal eine Drohne mit zum Training bringt. Mit der Analyse der ungewöhnlichen Bilder wird der Bewegungsablauf dann noch mehr verfeinert.
Bei so viel Liebe zum Detail gerät dann auch Obergföll regelrecht ins väterliche Schwärmen, wenn er über seine Speerwurf-Diamanten redet. „Jojo ist mit Abstand der Stärkste und Geschmeidigste“, sagt der Mann von Ex-Weltmeisterin Christina Obergföll: „Andreas Hofmann hingegen ist der Schnellkräftigste, seine Explosivwerte sind gigantisch, und er hat die längsten Hebel“, meint er: „Thomas hat über Jahre hinweg eine sehr gute Technik akribisch weiterentwickelt und auf hohem Niveau stabilisiert. Er trifft den Speer von allen Werfern am besten und hat auch mit Abstand das beste Stemmbein.“
Doch bei aller Vorfreude auf den Medaillen-Showdown wissen Röhler und Co., dass die Plätze eins, zwei und drei in der Welt keine Garantie auf den „Sweep“sind. Er sei heiß auf den „Kitzel“, sagt Röhler, aber „die anderen sind motiviert und wollen uns das Leben schwer machen.“