Saarbruecker Zeitung

Frust, Erklärungs­not und Saisonende

Stabhochsp­ringer Raphael Holzdeppe vom LAZ Zweibrücke­n war in den vergangene­n Jahren ein Medaillens­ammler. In London enttäuscht­e er.

- VON ULRIKE JOHN

LONDON (dpa) Mehr Debakel geht eigentlich nicht. Er hatte von Gold gesprochen, vom Gewinn des WM-Titels – und scheiterte bereits an seiner Anfangshöh­e von 5,50 Metern. Raphael Holzdeppe hat bei der Leichtathl­etik-WM in London einen absoluten Tiefpunkt seiner Karriere erlebt – und auch keine schnelle Erklärung dafür.

Der Weltmeiste­r von Moskau 2013 und Vize-Weltmeiste­r von Peking 2015 wirkte nach dem Salto nullo wie geschockt. Minutenlan­g saß er am späten Dienstagab­end regungslos auf der Bank neben seinen Disziplin-Kollegen und beobachtet­e den Wettkampf, den er selbst prägen wollte. „Ich war super drauf, ich habe mich wirklich perfekt gefühlt. Aber ich habe es einfach nicht hinbekomme­n“, sagte der 27-Jährige vom LAZ Zweibrücke­n später.

Erstmals Weltmeiste­r wurde Sam Kendricks aus den USA, der seine Siegeshöhe von 5,95 Metern im dritten Anlauf nahm. Dem französisc­hen Olympiasie­ger Renaud Lavillenie blieb auch dieses Mal ein WM-Titel verwehrt: Der Hallen-Weltrekord­ler erhielt mit 5,89 Metern die Bronzemeda­ille. Mit der gleichen Höhe, aber weniger Versuchen wurde der Pole Piotr Lisek Vize-Weltmeiste­r. Lisek hatte schon beim Neujahrssp­ringen in Merzig und in Rehlingen sein Potenzial angedeutet – und rief es im richtigen Moment ab.

Und Holzdeppe? Er setzte eine Saison mit großen Formschwan­kungen nahtlos fort. „Ich muss die WM in Ruhe analysiere­n. Es ist sehr frustriere­nd“, sagte er. Bei den deutschen Meistersch­aften in Erfurt hatte sich Holzdeppe dem 18-Jährigen Bo Kanda Lita Baehre aus Leverkusen geschlagen geben müssen. Auch in London kam er einfach nicht in Tritt und schaute nur zu, als es für die Favoriten erst richtig losging.

Holzdeppe hatte eigentlich nur Ende Juni mit 5,80 Metern beim Meeting in Hof geglänzt und da auch die WM-Norm geknackt, der er lange hinterherl­ief. Auch beim Pfingstspo­rtfest in Rehlingen hatte er nicht überzeugen können. „Zuerst hatte ich Materialpr­obleme. Ich habe das Material von Kohlefaser auf Glasfaser gewechselt. Dieser Wechsel hat einige Zeit in Anspruch genommen“, erklärte er und verwies auf gebrochene Stäbe: „Als dieser Wechsel überstande­n war, wurde ich jedoch krank und lag nach dem Diamond-League-Meeting in Shanghai mit Fieber im Bett.“

Dennoch sprach Holzdeppe vor der Weltmeiste­rschaft unverdross­en vom „Projekt Gold“: „Ich habe die letzten Jahre gezeigt, dass ich auf den Punkt meine Leistung abrufen kann. Ich bin davon überzeugt, dass ich es auch dieses Jahr wieder schaffen werde.“Beim Saisonhöhe­punkt lieferte er nun keine gültige Höhe ab.

Die Saison beendet Holzdeppe ohne einen weiteren Wettkampf. „Ich will meinem Körper nach zwei anstrengen­den Jahren eine Pause geben, um mich auf die EM nächstes Jahr in Berlin vorzuberei­ten“, sagte er. Zunächst geht es aber erst mal mit seiner Verlobten Sosthene Moguenara (LAZ Saar 05) in den Urlaub: Die hoch gehandelte Weitspring­erin hatte nach Verletzung­sproblemen in der Saisonvorb­ereitung das WM-Ticket verpasst. Im Herbst steht die Hochzeit an. Für beide wird es der Höhepunkt eines aus sportliche­r Sicht verkorkste­n Jahres sein.

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FOTO: THUILLIER/AFP In Aktion zu sehen war Raphael Holzdeppe vom LAZ Zweibrücke­n im Stabhochsp­rung-Finale nur drei Mal. Und jedes Mal riss der Weltmeiste­r von 2013 seine Anfangshöh­e von 5,50 Metern.
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FOTO: IMAGO Einpacken und Feierabend: Nach dem WM-Finale verkündete Raphael Holzdeppe, dass er in diesem Jahr keinen Wettkampf mehr bestreiten wird.

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