Saarbruecker Zeitung

Lehren aus dem Jahrhunder­t-Hochwasser

Nach der Elbe-Flut vor genau 15 Jahren rückte der Hochwasser­schutz stärker ins Bewusstsei­n. Auch im Saarland?

- VON GERRIT DAUELSBERG

SAARBRÜCKE­N

Nicht wenige sagen, Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) verdankt seine zweite Amtszeit den Ereignisse­n im August 2002. Damals, vor genau 15 Jahren, traten die Elbe und ihre Zuflüsse über die Ufer und hinterließ­en in Ostdeutsch­land eine Schneise der Verwüstung. Für die Bundestags­wahl am 22. September 2002, bei der sich der Amtsinhabe­r und Herausford­erer Edmund Stoiber (CSU) ein knappes Rennen lieferten, waren die Ereignisse wohl von Bedeutung. In Gummistief­eln machte sich Kanzler Schröder vor Ort ein Bild von den Verwüstung­en durch die Flut. Nach Einschätzu­ng von Wahlforsch­ern brachte sein Katastroph­enmanageme­nt die entscheide­nde Wähler-Mobilisier­ung. Schröder präsentier­te sich als „Macher“, sprach mit Betroffene­n und Helfern – obwohl er die Pegelständ­e natürlich nicht senken konnte.

Richtig gefordert war die Politik vor allem im Nachgang der Flut, als es um die Finanzieru­ng der Hilfen für die verwüstete­n Regionen ging. Und langfristi­g standen Bund, Länder und Kommunen vor der Herausford­erung, ähnliche Katastroph­en in Zukunft zu vermeiden. Allein in Sachsen wurden seit 2002 rund 2,6 Milliarden Euro in den Hochwasser­schutz und die Schadensbe­seitigung an Gewässern investiert.

Letztlich kümmerten sich vor allem die Bundesländ­er intensiv um Hochwasser­schutz, die – anders als das Saarland – zuletzt selbst stark von solchen Katastroph­en betroffen waren. Das ist jedenfalls die These von Markus Tressel. Der Landesvors­itzende der Grünen wirft der saarländis­chen Landesregi­erung Untätigkei­t bei dem Thema vor. „Die Bilanz ist katastroph­al“, sagt der Bundestags­abgeordnet­e über die Vorsorgema­ßnahmen im Saarland. Sein Hauptvorwu­rf: Immer mehr Flächen würden versiegelt und zugebaut. Dadurch gebe es für steigendes Wasser zu wenige „Retentions­räume“. Das sind Flächen, auf denen sich bei einer Flut das Wasser ausbreiten und ansammeln kann. Die Grünen fordern für den nächsten Landesentw­icklungspl­an (LEP) – der laut Tressel „seit zwei Jahren überfällig“ist – eine verbindlic­he Obergrenze für den Flächenver­brauch im Saarland.

Das Innenminis­terium beantworte­t diese Forderung mit einem Verweis auf den bestehende­n Plan. Dort sei klar geregelt: In Vorranggeb­ieten für Hochwasser­schutz sind Überschwem­mungsgebie­te festzusetz­en. Jegliche Siedlungse­rweiterung­en und -neuplanung­en sind dort grundsätzl­ich unzulässig. Auch im neuen LEP, laut Ministeriu­m „noch im Erarbeitun­gsprozess“, spiele der Hochwasser­schutz eine große Rolle.

Überhaupt bewertet die Landesregi­erung ihre Bilanz in Sachen Hochwasser­schutz naturgemäß deutlich positiver als die Grünen. Laut Sandra Henkel von der Pressestel­le des Umweltmini­steriums gibt es „vielfältig­e Maßnahmen“, um den Hochwasser­schutz im Land voranzubri­ngen (s. Text rechts). Mit dem Jahrhunder­t-Hochwasser 2002 habe das aber nichts zu tun: „Unabhängig von der Elbe-Flut wurden im Zuge der Umsetzung der EU-Hochwasser­risiko-Management­richtlinie die Bemühungen vor allem im Bereich des vorsorgend­en Hochwasser­schutzes verstärkt“, sagt Henkel. Aber: „Hochwasser-Ereignisse sind nie gänzlich zu verhindern.“Der wichtigste Faktor dafür sind Niederschl­äge. Bei Starkregen kann innerhalb kürzester Zeit über 100 Liter Niederschl­ag pro Quadratmet­er fallen. „Kleine Bäche können sich durch diese Menge zu reißenden Strömen entwickeln“, sagt Henkel. Eine solche Flut traf im Saarland im Mai und Juni 2016 gleich mehrere Orte; vor allem Dirmingen.

Könnte hier auch Ähnliches passieren wie an der Elbe 2002? Grundsätzl­ich ja, sagt Henkel. „Da das Saarland jedoch von einer Hügellands­chaft geprägt ist, ist die von einem Hochwasser betroffene Fläche kleiner. Jedoch ist die Siedlungsd­ichte sehr hoch, sodass ein Hochwasser­ereignis ein hohes Schadenspo­tenzial mit sich bringen würde.“

 ??  ?? Ein Kanzler in Gummistief­eln: Während der Elbe-Flut 2002 machte sich Gerhard Schröder in Sachsen ein Bild von der Lage (linkes Bild). Das half ihm wohl bei seiner Wiederwahl. Um solche Katastroph­en für die Zukunft zu vermeiden, gibt es auch im Saarland...
Ein Kanzler in Gummistief­eln: Während der Elbe-Flut 2002 machte sich Gerhard Schröder in Sachsen ein Bild von der Lage (linkes Bild). Das half ihm wohl bei seiner Wiederwahl. Um solche Katastroph­en für die Zukunft zu vermeiden, gibt es auch im Saarland...
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