Saarbruecker Zeitung

Attentäter oder geldgierig­er Betrüger?

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Im Fall des unter Terrorverd­acht stehenden Flüchtling­s Hassan A. will das Saarbrücke­r Schwurgeri­cht heute sein Urteil fällen.

VON MICHAEL JUNGMANN

Das Schwurgeri­cht am Saarbrücke­r Landgerich­t unter Vorsitz von Richter Bernd Weber tut sich offenbar schwer damit, im Fall des aus Damaskus stammenden Friseurs Hassan A. (39) ein Urteil zu fällen. Nach den Plädoyers von Oberstaats­anwalt Guntram Liebschner und Verteidige­r Marius Müller sowie dem ausführlic­hen Schlusswor­t des unter Terrorverd­acht stehenden Syrers vertagte der Vorsitzend­e Richter gestern Vormittag den Prozess. Weber kündigte an, dass voraussich­tlich an diesem Freitag gegen 9.30 Uhr das Urteil verkündet werde. Die drei Profiricht­er und die beiden Schöffen nehmen sich Zeit für ihre Beratungen. Manche Prozessbeo­bachter werten dies als Signal dafür, dass die Richter sich in der Einschätzu­ng des Falles nicht ganz einig sind.

Für den Oberstaats­anwalt ist der Fall klar. Er forderte eine Haftstrafe von zehn Jahren. Die Anklage wegen Versuchs der Beteiligun­g an einem Mord sei in vielen Punkten durch die Beweisaufn­ahme bestätigt worden. Hassan A. habe Sprengstof­fanschläge in mehreren Ländern geplant. In als Polizeiaut­os getarnten Fahrzeugen wollte er angeblich die Bomben in Menschenme­ngen steuern lassen. Wäre dieses Vorhaben, das in einem frühen Stadium aufgefloge­n sei, umgesetzt worden, hätte es möglicherw­eise mehr als 1000 Tote geben können. Zur Finanzieru­ng der Anschlagsp­läne habe sich der gelernte Friseur aus Damaskus von Saarbrücke­n aus per Internetch­at an einen vermeintli­chen Kontaktman­n des Islamische­n Staates (IS) gewandt und 180 000 Euro gefordert. Der anerkannte Flüchtling ging aber erklärten Gegnern der IS-Terrormili­z auf den Leim, die die Sicherheit­sbehörden einschalte­n. Am Morgen des Silvestert­ages 2016 holten Spezialkrä­fte der Polizei Hassan A. aus seinem Appartemen­t im Saarbrücke­r Stadtteil Burbach. Seit diesem Tag sitzt er in Haft.

Verteidige­r Marius Müller fordert in seinem Plädoyer dagegen Freispruch für seinen Mandanten. Das Gericht müsse nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagte­n“ entscheide­n. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufn­ahme sei es „einfach wahrschein­licher, dass er keinen Anschlag begehen wollte, als dass er einen geplant hatte“. Keiner der vernommene­n Zeugen Der Angeklagte Hassan A. in seinem

Schlusswor­t. habe Hassan A. als gläubigen Moslem beschriebe­n, vielmehr als religionsf­ernen Angebertyp­en. Es seien während der Beweisaufn­ahme auch keinerlei Indizien für eine konkrete Planung eines Anschlags aufgetauch­t, so der Saarbrücke­r Anwalt. Sein Mandant sei ganz sicher sehr naiv und geldgierig aufgetrete­n, wenn er etwa in akuter Geldnot versucht hat, die IS-Terrormili­z zu kontaktier­en und um viel Geld zu betrügen.

Hassan A. hat schließlic­h das dem Angeklagte­n im Strafproze­ss zustehende Schlusswor­t ausführlic­h genutzt, um sich vom Vorwurf des versuchten Mordes zu distanzier­en. Er räumte dabei freimütig betrügeris­che Absichten ein. „Ich hatte vor, zu betrügen und wollte dann mit dem Geld weglaufen“, sagte er zu seiner angebliche­n Motivation, von der IS-Terrormili­z Geld zu verlangen. Mit dem Islam habe er nichts zu tun: „Ich bin ungläubig.“

Das Schwurgeri­cht hat bereits den Hinweis gegeben, dass auch eine Verurteilu­ng wegen versuchten Betrugs in Frage kommen könnte. Kann aber wirklich jemand IS-Terroriste­n betrügen?

„Ich hatte vor, zu betrügen und wollte dann mit dem Geld weglaufen.“

 ??  ?? Der Angeklagte Hassan A. mit seinem Anwalt Rechtsanwa­lt Marius Müller beim Prozessauf­takt Ende Juni. Nach den Plädoyers am Donnerstag vertagten die Richter die Sitzung. Das Urteil wird am heutigen Freitag erwartet.
FOTO: BECKER & BREDEL
Der Angeklagte Hassan A. mit seinem Anwalt Rechtsanwa­lt Marius Müller beim Prozessauf­takt Ende Juni. Nach den Plädoyers am Donnerstag vertagten die Richter die Sitzung. Das Urteil wird am heutigen Freitag erwartet. FOTO: BECKER & BREDEL

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