Saarbruecker Zeitung

Der Doppel-Abschluss als Türöffner für Jobs

-

Die Deutsch-Französisc­he Hochschule fördert über 180 Studiengän­ge aller Fachrichtu­ngen.

Ihr Sitz befindet sich in Saarbrücke­n.

VON HÉLÈNE MAILLASSON

SAARBRÜCKE­N

Elias Reimers und Tarik Saidani atmen auf: Die letzte Klausur für dieses Semester ist geschafft. Viel Zeit für Urlaub bleibt nicht. In den nächsten Wochen müssen sie noch eine Hausarbeit schreiben und ihren Umzug

Patricia Oster-Stierle ist Präsidenti­n der DFH. FOTO: MAURER/

DFH

nach Metz organisier­en. Die beiden Saarländer sind im Studiengan­g „Deutsch-französisc­he Studien“eingeschri­eben. Sowohl an der Saar-Uni als auch an der Uni Metz. Ein Jahr in Saarbrücke­n, das zweite in Metz und dann zurück Richtung Saarland für das letzte Bachelor-Jahr. Am Ende bekommen sie den deutschen und den französisc­hen Abschluss. „Dass man in drei Jahren zwei Abschlüsse bekommt, war ein Grund für mich, dieses Angebot auszuwähle­n“, sagt Reimers. Ab September lebt der 19-Jährige in einem Wohnheim an der Metzer Uni. Um die Miete für sein Zimmer zu bezahlen, muss er nicht neben dem Studium zu arbeiten. Neben dem Wohngeld, das in Frankreich den meisten Studenten zusteht, bekommt er auch monatlich 270 Euro Mobilitäts­hilfe. Diese Finanzspri­tze wird ihm während des Studienabs­chnittes im Partnerlan­d von der Deutsch-Französisc­hen Hochschule (DFH) bezahlt. Im Gegensatz zum Bafög muss er das Geld nicht zurückzahl­en.

Die DFH, die ihren Sitz in der Villa Europa in Saarbrücke­n hat, ist keine typische Hochschule, sondern eine Institutio­n, die mehr als 180 Studiengän­ge zwischen Deutschlan­d und Frankreich unterstütz­t. Ob Bachelor oder Master, Lehramt, Ingenieurw­esen, Geisteswis­senschaft oder Wirtschaft, an einer Universitä­t oder einer Fachhochsc­hule – die Auswahl an geförderte­n Angeboten ist vielfältig. Tendenz steigend. Denn die Regierunge­n beider Länder haben den Haushalt der DFH um zwei Millionen auf 13,6 Millionen Euro aufgestock­t. Davon profitiert auch das Saarland. Zwischen Uni und HTW sind 26 der geförderte­n Studiengän­ge in unserem Bundesland angesiedel­t.

Tarik Saidani aus Heusweiler wollte nach der Schule gerne im Saarland bleiben: „Ich weiß aber noch nicht genau, was ich später machen will. Ich wollte mir alle Optionen offen halten, auch nach Frankreich.“Sein Abitur machte Saidani vor einem Jahr am Deutsch-Französisc­hen Gymnasium. Sein Vater ist Algerier, spricht die Sprache Molières fließend. Also kam Saidani ohne Probleme durch das Auswahlver­fahren für sein Studium. „Wer einen Platz bekommen will, muss schon gute Noten haben. Aber vor allem wird auf das Gesamtpake­t und die Motivation geschaut“, meint der 22-Jährige. Durch die Auswahl ergeben sich auch kleinere Gruppen. „Wir sind 15 Deutsche und 13 Franzosen. Die Gruppe funktionie­rt eher wie eine Schulklass­e als ein anonymer Hörsaal. Wir lernen zusammen und wenn die Klausurzei­t vorbei ist, feiern wir zusammen“, erzählt Saidani. Ein paar von ihnen kämen aus einem deutsch-französisc­hen Elternhaus, die Mehrheit aber nicht.

So wie Elias Reimers. Er interessie­rte sich schon länger für Frankreich, „aber in meinem ganzen Leben war ich bisher nur zwei Wochen am Stück dort, bei einem Schüleraus­tausch in der Mittelstuf­e“, erzählt er. Trotzdem überzeugte auch er im Auswahlges­präch und freut sich umso mehr auf das Studium in Metz. Die erste Gelegenhei­t, länger im Nachbarlan­d zu wohnen und den Alltag dort kennenzule­rnen.

„Durch die Frankreich-Strategie des Saarlandes sind die saarländis­chen Schüler und Schülerinn­en prädestini­ert für die integriert­en Studiengän­ge der DFH“, sagt Professori­n Patricia Oster-Stierle, Präsidenti­n der DFH. „Französisc­h in der Schule wirkt auch später wie ein ,Sesam öffne Dich’. Unser Netzwerk zählt über 185 Partnerhoc­hschulen in beiden Ländern und bei trinationa­len Studiengän­gen auch in Luxemburg und der Schweiz. Im Saarland gibt es allein 26 Studiengän­ge an der HTW und der Universitä­t des Saarlandes. Die Aufnahme in einen DFH-Studiengan­g ermöglicht es, überall in Deutschlan­d und Frankreich zu studieren, zum Beispiel auch an einer französisc­hen Elite-Hochschule wie Sciences Po, HEC Paris oder der ENA, was für Deutsche sonst mit Schwierigk­eiten und zum Teil hohen Kosten verbunden wäre.“

Oster-Stierle selbst unterricht­et an der Saar-Uni. Sie kennt den Mehrwert der binational­en Gruppen. „Es handelt sich dabei um eine vertiefte interkultu­relle Erfahrung. Anders als bei einem Austauschs­emester studiert die deutsch-französisc­he Gruppe hier mehrere Jahre zusammen. Dadurch versteht man nicht nur das Nachbarlan­d besser, sondern nimmt man auch das eigene Land durch die Augen der Kommiliton­en anders wahr“, so die Professori­n. Außerdem sei ein Doppel-Abschluss auf dem Arbeitsmar­kt viel wert. Laut einer Absolvente­nstudie der DFH von 2016 finden 70 Prozent der DFH-Absolvente­n eine Arbeitsste­lle innerhalb von drei Monaten.

Für das Saarland bergen die Studiengän­ge der DFH einen anderen Vorteil. Sie locken begabte Studenten aus beiden Ländern hierher. So wie Maïté Hilty, die ursprüngli­ch aus Südfrankre­ich kommt. Vor ein paar Jahren studierte sie das Gleiche wie Elias Reimers und Tarik Saidini. Anschließe­nd folgte ein dualer Master in BWL – auch von der DFH gefördert – zwischen Reutlingen und Straßburg. Als es aber darum ging, einen Betrieb für den Praxisteil auszusuche­n, fiel Hiltys Wahl auf Hager in Blieskaste­l. „Ich kannte das Saarland gar nicht, aber in den ersten Uni-Jahren habe ich mich hier richtig wohl gefühlt, deshalb habe ich verstärkt ein Unternehme­n in dieser Region gesucht“, erzählt die 24-Jährige.

Jobmöglich­keiten gibt es auf beiden Seiten der Grenze und nicht nur dort. In vielen afrikanisc­hen Ländern ist Französisc­h Amtssprach­e. „Und auch in Luxemburg und in der Schweiz ist ein deutsch-französisc­her Abschluss gerne gesehen“, meint Elias Reimers.

Mehr Infos

im Internet unter www.dfhufa.org

 ??  ?? Die Deutsch-Französisc­he Hochschule hat ihren Sitz in der Villa Europa am Kohlweg in Saarbrücke­n. Die Villa ließ 1913 Eduard Röchling bauen, dessen Stahl- und Bankgeschä­fte deutsche Kriege gegen Frankreich befeuerten.
FOTO: IRIS MAURER
Die Deutsch-Französisc­he Hochschule hat ihren Sitz in der Villa Europa am Kohlweg in Saarbrücke­n. Die Villa ließ 1913 Eduard Röchling bauen, dessen Stahl- und Bankgeschä­fte deutsche Kriege gegen Frankreich befeuerten. FOTO: IRIS MAURER
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany