Saarbruecker Zeitung

Pfarrer Müller geht jetzt neue Wege

Abschied von Kleinblitt­ersdorf, Aufbruch nach Lebach. Dort ist er nur noch Seelsorger statt Pfarreien-Manager.

- VON FRANK KOHLER

KLEINBLITT­ERSDORF Im Arbeitszim­mer ist der Aufbruch nicht zu übersehen. Kartons stehen wieder, wo sie vor vier Jahren aufs Auspacken warteten. Pfarrer Andreas Müller füllt sie für den Umzug. „Jetzt kommt was ganz Neues“, sagt er. Weiteres Zeichen für den nächsten Abschnitt im Leben des 48-Jährigen ist das Ziel der Umzugskist­en. „Ich lebe demnächst nicht mehr in einem Pfarrhaus.“Nicht mehr dort, wo oft alle drei, vier Minuten das Telefon klingelt. Müller hat künftig mehr Ruhe. Er fand im kleinen Lebacher Stadtteil

„Ich hatte Tausende von Begegnunge­n, die für mich immer etwas Wertvolles bleiben werden.“

Pfarrer Andreas Müller

über seine Zeit in Kleinblitt­ersdorf

Falscheid eine Mietwohnun­g.

In die Vorfreude mischt sich nach anstrengen­den Tagen und Wochen Wehmut. Müllers Augen leuchten, wenn er von der Zeit an der Oberen Saar spricht. „Ich war gern hier. Es gibt so tolle Familien. Ich musste nur fragen. Schon waren am nächsten Tag zehn, zwölf Helfer hier.“Vier Jahre an der Seite dieser Männer, Frauen und Kinder boten alles, wofür Müller seinen Beruf liebt. Die Freude der Senioren in den Altenheime­n der Gemeinde, wenn er morgens mit ihnen die Messe feierte, wird er mitnehmen. Und die Erinnerung­en an strahlende junge Gesichter, sobald er Kinder um den Altar scharte. „Ich hatte Tausende von Begegnunge­n, die für mich immer etwas Wertvolles bleiben werden. Seelsorge bedeutet für mich, Menschen durch das Leben zu begleiten. Ich durfte Kinder taufen, mit Brautleute­n sprechen, und ich war bei den Sterbenden und ihren Angehörige­n.“Genau das, eine Seelsorge in all ihren Facetten, will er in Lebach weitermach­en. Aber er wird und muss loslassen, was ihm zur Bürde wurde: „Das waren vor allem Sitzungen, Sitzungen, Sitzungen. Außerdem war ich als Pfarrer ja auch Vorgesetzt­er.“Diese Aufgaben muss er künftig nicht mehr schultern. Zum Kürzertret­en zwang ihn sein Körper. Er sendete im vorigen Jahr Warnsignal­e. Sein Arzt übersetzte sie so unmissvers­tändlich, dass Müller handeln musste. Er entschied sich, unterstütz­t vom Trierer Bischof, für den Abschied von den vielen Pflichten eines Pfarrers und für eine Position, in der er nur Seelsorger ist, die des sogenannte­n Kooperator­s. Der arbeitet mit dem Pfarrer in der Seelsorge zusammen.

„In Lebach bin ich Teil einer großen Gemeinscha­ft, einer der Mitarbeite­r von Pfarrer Hermann Zangerle.“Spielräume lässt ihm die neue Funktion auf jeden Fall, wie er nach ersten Gesprächen mit seinem künftigen Vorgesetzt­en weiß. Und so will er die Seelsorge mitgestalt­en.

Müllers Weggang erleben die Katholiken in Kleinblitt­ersdorf in einer Zeit des Umbruchs, steht doch die Bistums- und Pfarreienr­eform an. Müller ist die große Verantwort­ung bewusst, die jetzt auf Dechant Benedikt Welter als Pfarrverwa­lter und sein Team zukommen. Es wird während einer Übergangsz­eit in den Gottesdien­sten ein Wiedersehe­n mit Priestern geben, die schon im Ruhestand sind, etwa mit Edgar Michels.

Eine Aufgabe würde der scheidende Pfarrer am liebsten noch selbst an der Oberen Saar übernehmen: die Taufe der zwei Wochen alten Marie. Sie ist die zweite Tochter einer syrischen Familie, die Ende 2013 nach Auersmache­r kam und dort heimisch wurde. Undenkbar ohne Müllers Hartnäckig­keit.

Als diesen Neubürgern die Abschiebun­g drohte, gewährte Müller ihnen Kirchenasy­l. Er stand das weitere Verfahren mit ihnen durch, bis sie bleiben durften. Das ist Seelsorge, wie er sie versteht.

 ?? ARCHIVFOTO: HEIKO LEHMANN ?? Pfarrer Andreas Müller hat für den Umzug in sein neues Zuhause, eine Mietwohnun­g, viel einzupacke­n. Der belesene Seelsorger bestückte schon beim Einzug gern die gut sortierte Bücherwand.
ARCHIVFOTO: HEIKO LEHMANN Pfarrer Andreas Müller hat für den Umzug in sein neues Zuhause, eine Mietwohnun­g, viel einzupacke­n. Der belesene Seelsorger bestückte schon beim Einzug gern die gut sortierte Bücherwand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany