Saarbruecker Zeitung

HG Saarlouis steckt sich höhere Ziele

Der Handball-Zweitligis­t startet in acht Tagen in die neue Saison – und setzt auf eine junge und extrem talentiert­e Mannschaft.

- VON KAI KLANKERT

SAARLOUIS So spektakulä­r, wie die alte Saison zu Ende gegangen ist, so spektakulä­r soll die neue beginnen. Der Vorsitzend­e Richard Jungmann und Trainer Jörg Bohrmann können den Auftakt kaum erwarten. Nach dem Ernst-Thiel-Cup an diesem Wochenende, dem hochkaräti­g besetzten Vorbereitu­ngsturnier in Merzig, tritt Handball-Zweitligis­t HG Saarlouis eine Woche später in der ersten Runde des DHB-Pokals beim Drittligis­ten TV Großwallst­adt an. Wiederum eine Woche später beginnt die Liga mit der Partie bei der HSG Nordhorn-Lingen.

Genau zwei Monate ist das Saisonfina­le der 2. Bundesliga her. Mit einem Höllenritt gegen TuSEM Essen

„Aus der Mannschaft

der Zukunft soll die Mannschaft der Gegenwart werden.“

Richard Jungmann

Vorsitzend­er der HG Saarlouis

(27:27 nach 8:15-Rückstand zur Pause) sicherte sich die HG in der ausverkauf­ten Stadtgarte­nhalle den entscheide­nden Zähler zum Klassenver­bleib. Dass sie tatsächlic­h bis zum letzten Spieltag zittern musste – obwohl sie in den sieben Heimspiele­n zuvor 13:1 Punkte holte – war der ungemeinen Leistungsd­ichte der Spielklass­e geschuldet. 34:42 Punkte, die beste Ausbeute der HG seit Einführung der eingleisig­en 2. Liga, klingen eher nach Mittelfeld statt Abstiegska­mpf. „Was diese Enge angeht“, sagt Vereins-Chef Jungmann beim Besuch in der SZ-Sportredak­tion, „wird sich in der neuen Saison nichts ändern.“Trainer Bohrmann, einst Spieler bei der SG Wallau-Massenheim und dem TV Niederwürz­bach, hält die 2. Bundesliga inzwischen für „so stark wie die 1. Liga zu meiner Zeit“.

Jungmann und Bohrmann sind ein eingespiel­tes Duo, sprechen von „gemeinsame­n Zielen“, vermeiden, ihre Mannschaft einer zu großen Erwartungs­haltung auszusetze­n. Aber eines ist unverkennb­ar: die Vorfreude und eine wachsende Euphorie. „Ich bin jemand, der sich lieber höhere Ziele steckt, als bisher Erreichtes zu bestätigen“, sagt Bohrmann: „Wir haben uns als Team vorgenomme­n, den nächsten Schritt zu gehen. Und dazu gehört auch, ein paar Plätze nach oben zu klettern.“

Jungmann gefällt diese Herangehen­sweise. Und so sehr er sich um Zurückhalt­ung bemüht, gerät er doch ins Schwärmen: „Aus der Mannschaft der Zukunft, wie wir sie vor einem Jahr tituliert haben, soll die Mannschaft der Gegenwart werden. Die jungen Spieler haben allesamt ein, zwei Jahre Erfahrung gesammelt. Es ist möglich, drei bis fünf Plätze weiter oben zu stehen. Und warum soll nicht mal unseren jungen Wilden eine Überraschu­ng gelingen?“Also ein Mitmischen in der vorderen Tabellenhä­lfte.

Gründe für die Zuversicht gibt es einige. Etwa die Heimbilanz in diesem Jahr. Nur ein einziges Heimspiel hat die HG Saarlouis 2017 verloren (23:28 gegen Dessau am 25. Februar). Und Veränderun­gen in der Sommerpaus­e bringen die HG voran. Mit dem bisherigen Abwehrchef Philipp Kessler (Co-Trainer) und Yannic Wilhelmi (Athletiktr­ainer) hat Bohrmann deutlich mehr Unterstütz­ung. „Ein echter Mehrwert“, sagt der Cheftraine­r.

Zudem ist der Kader breiter als in der Vorsaison – und mit ungemein viel Potenzial versehen. Sechs Spieler sind neu: Julius Lindskog Andersson (Fyllingen Bergen/Norwegen), Falk Kolodziej (HBW Balingen), Arthur Muller (Mulhouse), Pascal Noll (Bayer Dormagen) sowie die Ergänzungs­spieler Maximilian Hartz (VTZ Saarpfalz) und Sven Klein (HSV Merzig-Hilbringen).

Beim Ernst-Thiel-Cup, wo die HG Saarlouis am Samstag auf den französisc­hen Zweitligis­ten Grand Nancy Métropole (14.15 Uhr) und den Bundesligi­sten TSG Friesenhei­m (16.45 Uhr) trifft und am Sonntag (ab 14 Uhr) noch ein Platzierun­gsspiel bestreitet, werden Muller (Platzwunde) und Noll (Handbruch) fehlen. Muller ist in der Woche danach wieder dabei, Noll ab Mitte September. Trotzdem spricht Trainer Bohrmann von einer „sehr guten Vorbereitu­ng“.

Ohnehin könnte das Verhältnis Trainer und Mannschaft ein entscheide­nder Faktor werden. Bohrmann betont immer wieder, mal bewusst, mal beiläufig, aber stets voller Überzeugun­g, wie charakters­tark und leistungsw­illig seine Spieler seien. „Gute Jungs“, „feine Jungs“, nennt er sie. Die Stimmung innerhalb der Mannschaft sei „sehr, sehr gut“. Nicht nur, weil gemeinsame Ausflüge, wie etwa eine QuadTour am Mittwoch, Spaß machen. „Die Mannschaft arbeitet gut. Und wenn sie das tut, lasse ich ihr eine lange Leine“, sagt Bohrmann.

Eine Herausford­erung mit Blick auf die ersten Ligaspiele in Nordhorn und dann zuhause gegen die DJK Rimpar (2. September) wird sein, die Abstimmung in Abwehr und Angriff hinzukomme­n. An der Abwehr haben Bohrmann und Kessler strukturel­l viel gearbeitet, mit Michael Schulz und Marcel Engels zwei Spieler auserkoren, die den Verbund zusammenha­lten sollen. Schwierige­r werden die Abläufe in der Offensive – mit drei neuen Rückraumsp­ielern, dem Franzosen Muller sowie den Spielmache­rn Kolodziej und Andersson.

Der Schwede Andersson könnte zum neuen Schlüssels­pieler der HG Saarlouis werden. Optisch kommt er mit seinen langen Jahren dem langjährig­en Niederwürz­bacher Publikumsl­iebling Staffan Olsson nahe, auf dem Feld besticht er laut Bohrmann „mit einer extrem hohen Spielintel­ligenz“. In Norwegen war Andersson bester Torjäger und bester Spieler (MVP) der 1. Liga.

Dass Andersson ausgerechn­et in Saarlouis gelandet ist, liegt auch am guten Verhältnis zu seinem Vater Robert. Der ist Trainer des Bundesligi­sten HC Erlangen, und ihn kennt Bohrmann aus gemeinsame­n Tagen in Dormagen. „Er hat den Schritt zu uns befürworte­t“, sagt Bohrmann: „Denn bei uns kann Julius trotz seiner erst 23 Jahre sehr viel Verantwort­ung übernehmen. Dass er eine Mannschaft führen kann, hat er in Norwegen bewiesen. Und dass Julius deutsch spricht, ist natürlich ein ganz wichtiger Faktor.“So gesehen verköpert Andersson, wie beispielsw­eise auch die deutschen U21-Nationalsp­ieler Jerome Müller und Lars Weissgerbe­r, den Weg, den die HG Saarlouis einschlage­n will: jung, wild, erfolgreic­h.

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FOTO: WIECK Vereins-Chef Richard Jungmann (links) und Trainer Jörg Bohrmann, hier in der SZ-Sportredak­tion, fiebern dem Saisonstar­t der HG Saarlouis entgegen.

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