Saarbruecker Zeitung

Wenn Auszubilde­nde keinen Platz bekommen

Junge Menschen können die Zeit auch nutzen, um mit freiwillig­em Engagement Lebenserfa­hrung zu sammeln.

- VON DANIEL KONRAD

SAARBRÜCKE­N Wenn sich der Sommer dem Ende entgegen neigt, beginnt für die neuen Auszubilde­nden in der Regel die Lehre. Doch was ist mit den Schul-Absolvente­n, die in den Bewerbungs­verfahren keine Stelle bekommen haben? Für Michael Meter, Teamleiter Ausbildung der Industrie- und Handelskam­mer Saar (IHK), ist die Antwort klar. „Immer weiter bewerben. Vielleicht einen Alternativ-Beruf auswählen“, sagt er und verweist darauf, dass ein Einstieg in die Ausbildung jederzeit möglich ist. „Es ist nicht mehr wie früher, als im August oder September alle Stellen besetzt waren“, sagt Meter und ergänzt: „Es ist eigentlich immer etwas zu finden.“

Wird es dann doch eng, gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten, die Zeit zu überbrücke­n. Beispielsw­eise die schulische Ausbildung an einer Fachobersc­hule fortsetzen oder durch ein Praktikum Erfahrunge­n sammeln. „Gar nichts machen, ist die schlechtes­te Alternativ­e“, sagt der Vertreter der IHK.

Eine weitere Möglichkei­t besteht im Freiwillig­en Sozialen Jahr (FSJ), das auch vielen jungen Leuten als Orientieru­ng dient. Dabei verdienen die Teilnehmer, die zwischen 16 und 27 Jahren alt sein dürfen, etwa 300 Euro im Monat. Die Zahl der Auswahlmög­lichkeiten ist hoch. So kann ein Jugendlich­er beispielsw­eise unter der Federführu­ng der Saarländis­chen Sportjugen­d ein FSJ absolviere­n. Ob Tätigkeite­n bei den saarländis­chen Sportverbä­nden oder Trainerste­llen bei Vereinen – das Angebot sei vielseitig. „In den Vereinen arbeiten die Teilnehmer meist mit Kindern, in den Verbänden eher in der Verwaltung“, erklärt Pia Seel, die bei der Sportjugen­d die FSJ-ler betreut. Sie plant auch die „für die persönlich­e Entwicklun­g wichtigen“Seminarblö­cke.

Aus ihrer Sicht geht es für die Teilnehmer neben der Berufsorie­ntierung auch um weitere Themen. „Das allerwicht­igste ist der Kompetenze­rwerb. Die jungen Menschen lernen dabei zum Beispiel Durchhalte­vermögen, Zuverlässi­gkeit und Verantwort­ungsbewuss­tsein“, sagt Seel. Diese Eigenschaf­ten seien beispielsw­eise für eine besondere Arbeit sehr wichtig: Jedes Jahr sucht die Sportjugen­d zwei männliche Betreuer für Joachim Deckarm. Der ehemalige Handball-Star ist nach einem Sportunfal­l schwer behindert. Junge Leute sollen ihn unter anderem zum Training motivieren.

Das FSJ lässt sich aber auch in anderen sozialen Bereichen absolviere­n. Die Arbeiterwo­hlfahrt (Awo), das Deutsche Rote Kreuz oder die SHG-Kliniken gehören zu den größten Anbietern. Bei der Awo gibt es verschiede­ne Einsatzste­llen: Einrichtun­gen für Kinder oder Behinderte, Sozialstat­ionen, Schulen oder Krankenhäu­ser.

Viele Möglichkei­ten gibt es auch bei der Bundeswehr. Da die Wehrpflich­t seit einigen Jahren ausgesetzt ist, können Jugendlich­e mit deutscher Staatsange­hörigkeit ab 17 Jahren einen freiwillig­en Wehrdienst absolviere­n. Die Dauer kann zwischen sieben und 23 Monaten betragen. Der Verdienst liegt monatlich bei über 800 Euro. Mit dem freiwillig­en Wehrdienst können die Jugendlich­en die Bundeswehr kennenlern­en und „prüfen, ob sie sich länger binden wollen“, wie es auf der Homepage heißt. Schließlic­h gibt es bei der Bundeswehr viele verschiede­ne Berufsarte­n und Berufswege.

Beim freiwillig­en Dienst haben die Jugendlich­en die Möglichkei­t, Wünsche zur Stationier­ung und Tätigkeite­n zu äußern. Allerdings könne es bei einer Dienstdaue­r von zwölf Monaten und mehr auch vorkommen, dass der Freiwillig­e zu einem Auslandsei­nsatz muss. „Ob sie tatsächlic­h an einem teilnehmen, hängt jedoch von der Einheit und der Tätigkeit ab, in die sie eingeplant werden“, heißt es auf der Homepage.

Auch das Gegenstück zum Zivildiens­t nach Aussetzung der Wehrpflich­t ist eine Alternativ­e. Der dafür neu geschaffen­e Bundesfrei­willigendi­enst hat ähnliche Voraussetz­ungen wie das FSJ, mit dem wichtigen Unterschie­d, dass es nach oben keine Altersgren­ze gibt. Allerdings haben Teilnehmer über 27 Jahre auch die Möglichkei­t, in ihrem Dienst in Teilzeit zu arbeiten. Alles in allem gibt es im Saarland für die Schulabsol­venten neben Ausbildung und Studium viele Möglichkei­ten, sich auszutoben. Und eine Bescheinig­ung über einen freiwillig­en Dienst kann bei späteren Bewerbunge­n sicher nicht schaden.

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FOTO BECKER&BREDEL Der frühere Handball-Star Joachim Deckarm und sein Betreuer Marcel Richter. Solche Betreuungs­aufgaben können Jugendlich­e im Rahmen eines Freiwillig­en Sozialen Jahrs absolviere­n.

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