Saarbruecker Zeitung

„Merkels Nichtstun schadet den Menschen“

- ANTON HOFREITER

BERLIN Der Fraktionsc­hef der Grünen, Anton Hofreiter, zweifelt an der Glaubwürdi­gkeit des Plans von SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz zur Förderung schadstoff­armer Autos. Der SPD-Politiker hatte eine verbindlic­he Quote für Elektroaut­os in Europa sowie den Aufbau einer eigenen Batterieze­llenfertig­ung gefordert. Auf einem zweiten Diesel-Gipfel im Herbst will der SPD-Chef überprüfen lassen, ob die Autobauer ihre Zusagen bei der Umrüstung einhalten.

Herr Hofreiter, was taugt der Plan von Martin Schulz?

HOFREITER Es ist gut, dass die SPD einsieht, dass mehr passieren muss. Das fordern wir Grüne seit langem. Der Dieselskan­dal muss endlich entschiede­ne Konsequenz­en haben. Und es braucht klare Rahmenbedi­ngungen für emissionsf­reie Mobilität. Die entscheide­nde Frage ist aber, wie glaubwürdi­g der Plan von Schulz ist. Die SPD hat die letzten vier Jahre tatenlos zugesehen, wie Verkehrsmi­nister Dobrindt den Abgasskand­al vertuscht, den Gesundheit­sund Umweltschu­tz hintertrie­ben und die Zukunftsfä­higkeit der Autoindust­rie aufs Spiel gesetzt hat. Es ist eben auch die Politik der SPD gewesen, die Interessen der Autoindust­rie über die Gesundheit der Menschen in den Städten zu stellen. Jetzt kurz vor der Wahl auf einmal mehr Härte zu zeigen, das riecht sehr nach Taktik.

Immerhin scheint Schulz das Thema jetzt für den Wahlkampf entdeckt zu haben. Angela Merkel hat den Diesel-Skandal bislang praktisch ignoriert.

HOFREITER Man sieht in den jüngsten Umfragen, dass die Bürgerinne­n und Bürger es Merkel nicht durchgehen lassen wollen, bei so einem Skandal, bei so einem entscheide­nden Zukunftsth­ema wieder einfach abtauchen zu wollen. Ich habe von ihr mehrfach gefordert, Alexander Dobrindt das Management beim Dieselskan­dal zu entziehen und selbst Verantwort­ung zu übernehmen. Merkels Nichtstun schadet den Menschen in den Städten, die dreckige Luft atmen müssen. Und es schadet dem Wohlstand und den Arbeitsplä­tzen, die an der Automobili­ndustrie hängen.

Gegen einen zweiten Diesel-Gipfel, wie ihn die SPD fordert, können die Grünen aber nichts haben, oder?

HOFREITER Der Diesel-Gipfel war leider ein Schlag ins Wasser. Er hat die Städte und die Dieselfahr­er mit ihren Problemen alleine gelassen, und die Automobili­ndustrie ist viel zu billig davon gekommen. Ich habe direkt danach bereits einen weiteren Gipfel gefordert, es ist gut, dass die SPD das nun auch tut.

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FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter.

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