Kameras machen die Welt nicht sicherer
Ich bin über jede Überwachungskamera glücklich, die nicht in Saarbrücken installiert wird. Es sprechen nämlich jede Menge Gründe dagegen, Bürger kollektiv ins Visier zu nehmen, faktisch unter Generalverdacht einer möglichen Straftat zu stellen. Der Mensch als potenzielle Zeitbombe, die ständig zu einer Gefahr für die Gesellschaft werden kann und deswegen auf Schritt und Tritt beobachtet werden muss? Das will ich mir nicht bieten lassen. Auch wenn ich nichts zu verbergen habe, will ich noch lange nicht alles von mir preisgeben. So wie ich im Internet nicht jeden Fitzel meines privaten Lebens der Welt freimütig kundtue.
Ich habe mittlerweile eher ein mulmiges Gefühl dabei, stillschweigend beobachtet zu werden. Bei allem, was ich tue. Ob ich an privaten Häusern vorbeikomme oder über öffentliche Plätze schreite. Es weckt in mir ein unwohles Gefühl, ständig observiert zu werden. Und dieses Unwohlsein ist um ein Vielfaches intensiver als die Angst, möglicherweise Opfer einer Straftat zu werden.
Sind es doch die permanenten Diskussionen über die abstrusen Gefahren, die da lauern sollen, während wir uns auf die Straße begeben. Diese Debatten lenken von dem objektiven Gesichtspunkt ab. Expertisen, von fachkundigen, unabhängigen Experten erstellt, belegen nicht im Geringsten eine Welle der Gewalt, die uns überrollt. Vielmehr spielen Befürworter unverfroren mit den Gefühlen der Menschen, feuern unbegründete Furcht an. Allmählich nimmt diese paranoide Züge an.
Der flächendeckende Einsatz von Überwachungskameras in Großbritannien, ein trauriges Musterbeispiel in Sachen bodenloser Einsicht in die Bewegungsprofile, hat indes nicht dafür gesorgt, dass Gewalttaten ausbleiben. Sie verhinderten keine Anschläge, wie so oft suggeriert wird. Sie machen die Welt eben nicht sicherer.
Ich setze auf die Vernunft und Einsicht, dass sich auch die Verteidiger der schier grenzenlosen Kameramanie Gedanken darüber machen, ob es beispielsweise künftig tatsächlich 35 elektronischer Augen im Umfeld des Saarbrücker Hauptbahnhofs bedarf. Dieses Projekt des saarländischen Innenministers Klaus Bouillon (CDU) ist sicherlich nicht vom Tisch, nur weil es diese Woche auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Aber es bietet Zeit, Bedenken der Datenschützern eindringlich zu prüfen und ernst zu nehmen.