Der Weg zum perfekten Gastgeber
Schichtarbeit, Wochenenddienste und niedrige Löhne: Eine Ausbildung zum Hotelfachmann erfordert viel Ausdauer und Geduld. Im Gegenzug erwartet Azubis bei ihrer Arbeit mit wechselnden Gästen jede M enge Abwechslung.
HAMBURG (dpa) Henry Grote hat alles im Blick. Ist die Serviette richtig gefaltet? Liegt das Silberbesteck an der korrekten Stelle? Braucht ein Gast Hilfe? Der 22-Jährige wird Hotelfachmann, er ist in seinem letzten Lehrjahr im Hamburger Traditionshotel „Atlantic“, das vom Kempinski-Konzern gemanagt wird. „Mir macht es Spaß, mich um die Gäste zu kümmern“, sagt der gebürtige Westfale. Nach seinem Abitur ging er zunächst ein Jahr nach Florida und arbeitete dort im Disney-Park Epcot. Das war eine gute Vorbereitung auf seinen heutigen Job, erzählt er.
„Wir sind immer auf der Suche nach Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten“, sagt Sophia Funk, die Personalchefin des „Atlantic“. Angehende Hotelfachleute müssten sich nicht zwingend direkt nach der Schule in die Ausbildung stürzen, sagt sie. Wer sich erstmal aufmacht um die Welt zu bereisen, ein soziales Jahr einlegt oder sich woanders engagiert, kann sich danach immer noch bewerben. „Denn so tut man auch etwas für die Fähigkeiten, mit Menschen umzugehen und für Menschen da zu sein“, sagt Funk.
Schichtarbeit, regelmäßiger Dienst am Wochenende und die Pflicht, immer freundlich zu sein: Für die Hotellerie wird es aufgrund solcher Bedingungen immer schwieriger, gute Azubis zu finden. Und bezahlt wird die Ausbildung auch nur mittelmäßig, wie Zahlen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages belegen. Allerdings: Verpflegt werden die Azubis oft in ihrem Hotel, auch gibt es Mitarbeiterunterkünfte. „Sonst wäre es gerade in den großen Städten und den beliebten Urlaubsorten schwierig“, sagt Sandra Warden. Sie ist Geschäftsführerin beim Bundesverband des Deutschen Hotelund Gaststättenverbandes und zuständig für die Ausbildung.
Drei Jahre dauert der Weg zum fertigen Hotelfachmann im Regelfall. Im Hotel muss jeder Azubi alles machen, sowohl im operativen als auch im administrativen Bereich. Grote arbeitet am liebsten direkt „am Gast“, wie das in der Branche heißt. Trotzdem hat er „auf der Etage“auch schon Betten gemacht und Zimmer geputzt.
Außerdem hat Grote in der Frühstücksküche das Essen zubereitet, in der Warenwirtschaft gearbeitet, bei der Planung von großen Konferenzen geholfen und bei Banketten bedient. Vertrieb, Marketing, Veranstaltungsverkauf, der Empfang und der Gästeservice standen ebenfalls auf seiner Liste. Und einen Monat lang war er in Frankfurt in zwei anderen Kempinski-Hotels.
Wenn Azubis bei einem internationalen Unternehmen oder einem Kettenhotel arbeiten, sei das ein großer Vorteil, sagt Warden. Dennoch sei die eine Ausbildung nicht zwangsläufig besser als die andere: „Es gibt inhabergeführte Hotels, in denen die Auszubildenden fast schon zur Familie gehören und eine hervorragende Schule durchlaufen.“Urlaubs- oder Businesshotel, ein Haus, das viele Veranstaltungen ausrichtet oder eines, das sich ganz auf Familien konzentriert: Ausbildungsmöglichkeiten gibt es überall, aber Hotel und Azubi müssen zusammenpassen.
Obwohl ein bestimmter Schulabschluss nicht vorgeschrieben ist, sind rund 30 Prozent der 20 000 Auszubildenden im Hotelfach Abiturienten. „Aufgeschlossenheit, Zuverlässigkeit, Flexibilität, Organisationstalent, sprachliche Fähigkeiten, Mobilität – das sind alles die Dinge, die wichtig sind“, erklärt Warden.